von earlant » 6. Jan 2007 21:31
Es gibt für die Regierungen vor allem tropischer Länder sehr gute und verständliche Gründe, die Ausfuhr lebender Organismen, Pflanzen, Tiere, Pilze, Mikroorganismen…streng zu reglementieren:
„Ameisen sind wahre Chemiefabriken“, so heißt es ganz offiziell in der wiss. Fachliteratur. Sie synthetisieren unzählige, auch ausgefallen Verbindungen, von denen man zunächst nicht weiß, ob sie nicht für irgendetwas verwendbar sind, z.B. medizinisch.
Heute muss man nun nicht mehr Massen solcher Tiere aus dem fremden Land exportieren, oder ganze Felder bestimmter Pflanzen dort anbauen, wenn sich darin eine kommerziell verwertbare Verbindung findet. Es genügen winzige Proben der Organismen, die in ein Land mit hoch entwickelter Pharmaindustrie gelangen.
Die Inhaltsstoffe lassen sich vielfach mit modernen Analysemethoden aus Mikrogramm-Mengen genau bestimmen. Auch die Synthesetechniken sind inzwischen sehr ausgefeilt, so dass man von einer aufgrund ihrer Struktur „verdächtigen“ Verbindung schnell Gramm- oder Kilogramm-Mengen künstlich herstellen kann.
Die Verbindung lässt sich damit „screenen“, in zahllosen parallelen Versuchen auf Wirksamkeit als Medikament, Schädlingsbekämpfungsmittel, Hormon etc. testen.
Wird eine entsprechende Verbindung als wirksam eingestuft, lässt man sie patentieren, produziert sie in verkäuflicher Form, die Herstellerfirma verdient sich dumm und dämlich damit, und das URSPRUNGSLAND, aus dem die Verbindung stammt, geht leer aus!
Ähnliches ist mit genetischen Analysen der kleinen Ursprungsproben möglich, und mit Synthese der gewünschten Verbindungen in Fermentern mittels Bakterien, denen man z.B. ein entsprechendes Gen aus dem Ursprungsorganismus eingebaut hat.
Manche Staaten haben deshalb bereits Verträge mit der Pharmaindustrie, die ihnen einen Teil der Erlöse zusichern, wenn aus einem Organismus des jeweiligen Ursprungslandes ein marktfähiges Produkt entwickelt wird.
Wird eine pflanzliche oder tierische Probe aus einem Land geschmuggelt, geht im Erfolgsfall das Herkunftsland leer aus, denn der Hersteller muss ja nicht einmal angeben, woher er das Ausgangsmaterial hat: Er kann die, z.B., Ameisenkolonie bei einem Händler gekauft haben, mit einer möglicherweise falschen Artangabe und der Herkunft „Südamerika“. Für den Hersteller wichtig ist nur die Struktur der neuen, bisher unbekannten Verbindung, und dass sich diese verkaufen lässt.
Wenn man diese Fakten kennt, kann man sich vielleicht vorstellen, dass es absolut nicht im Interesse eines Staates liegt, wenn „biologisches Material“ unkontrolliert und ohne entsprechende Verträge das Land verlässt. Dabei spielt es keine Rolle, wenn der Organismus nur zur Privathaltung „gedacht“ ist: Kein Händler kann garantieren, dass seine Spinnen, Tausendfüßler, Ameisen… nicht doch irgendwie an die Pharmaindustrie weitergegeben werden.
In den Foren schwirren immer wieder Diskussionen herum, ob und warum Ausfuhrbeschränkungen für Ameisen etc. existieren und wie man die Bestimmungen vielleicht umgehen könnte.
Mit diesem Beitrag möchte ich nur verständlich machen, weshalb es überhaupt solche Ausfuhrkontrollen gibt, welchen Sinn sie machen.
mfG,
Earlant