Was nettes über Cataglyphis fortis

Hier können wissenschaftliche Informationen zu Ameisen eingetragen werden.

Was nettes über Cataglyphis fortis

Beitragvon robert » 30. Jun 2006 09:55

robert
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Beitragvon TheSummiter » 30. Jun 2006 10:14

sehr sehr interessant!!!

Aber wenn die jeden Schritt zählen und das auf 100Meter Distanz, dann haben die ja mental ganz schön was zu tun :-) und dann wolln sie auch noch Futter finden.... also ich kann mich schon schwierigig auf zwei sachen gleichzeitig konzentrieren aber die müssen ja auch noch auf Fressfeinde aufpassen, die haben schon echt watt drauf!!! :-)

Greetz
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Beitragvon earlant » 30. Jun 2006 19:22

Hm....,

DASS Ameisen zurückgelegte Entfernungen „messen“ können, ist ja lange bekannt. Ich habe das zufällig beobachtet, als ich im Labor Raubzüge von Harpagoxenus sublaevis untersuchte. Wollte wissen, ob die Tiere sich an einer Geruchsspur oder optisch orientieren.

Testphase war der Abtransport der Puppen aus einem überfallenen Leptothorax-Nest, den zufällig nur eine Arbeiterin durchführte, so dass sie über lange Zeit immer und immer wieder zwischen den beiden Nestern hin- und herlief.
(Buschinger, A., 1968: Untersuchungen an Harpagoxenus sublaevis NYL. (Hymenoptera, Formicidae). III. - Kopula, Koloniegründung, Raubzüge. Ins. Soc. 15, 89-104).
Der „podometrische Sinn“ der Ameisen war damals schon lange bekannt.

Wenn ich die Arena um 90 Grad gedreht habe während die transportierende Harpagoxenus gerade im abgedunkelten eigenen Nest war, lief sie beim nächsten Verlassen des Nestes um genau die 90 Grad in die „falsche“ Richtung. Orientierungshilfe war wohl eine Neonröhre über der Arena.

Das Auffällige war, dass sie nach raschem Zurücklegen der richtigen Entfernung (im Versuch ca. 20 cm) anhielt und Suchschleifen lief. Sie „wusste“ also auch, wie weit das Ziel (der Eingang des überfallenen Nestes) entfernt war und lief nicht weiter über diesen Punkt hinaus.

Was die Cataglyphis zusätzlich „können“, hat Prof. R. Wehner aus Zürich mit seiner Arbeitsgruppe in langjährigen Versuchen herausgefunden. Unter anderem war das überraschende Ergebnis, dass eine Ameise beim Auslaufen vom Nest nicht auf geradem Weg, sondern im unregelmäßigen Zickzack "suchend" herumläuft, bis sie auf eine Beute stößt. Und dann findet sie exakt die richtige Richtung zum Nest, läuft auf geradem Weg dorthin, und „weiß“ auch, wie weit es etwa dorthin ist!

Sie muss also nicht nur die vielen Winkel nach rechts und links irgendwie „verrechnet“ haben, um dann für den Rückweg die resultierende Linie zu finden, sie hat auf dem Hinweg natürlich auch einen erheblich längeren Weg zurückgelegt als die gerade Strecke des Rückwegs, und sie muss auch das „berechnen“ können.

Die neue Arbeit (Wehner ist Mitautor) zeigt jetzt, mit einer sehr eleganten Technik, wie die Tiere bei geradem Hin- und Rückweg die Entfernung abschätzen können. Wie aber machen sie es bei sehr ungleich langem Hin- und Rückweg?

MfG Earlant
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Beitragvon Gaster » 30. Jun 2006 20:04

Hallo,
was mich interessiert ist, ob die Cataglyphis oder auch Ameisen allgemein immer gleichgroße "Schritte" machen, wenn sie eine gößere Strecke zurücklegen.
Oder machen sie vielleicht mal kleinere, mal größere Schritte und gleichen dies so aus? Oder ist mit dem "Schritte zählen" nicht direkt gemeint, dass sie sich merken, wieviele Schritte sie von einer bestimmten Größe gemacht haben, oder ist es nur eine Umschreibung, dass sie wissen, welche Strecke sie zurückgelegt haben?
Ich finde den Orientierungssinn der Ameisen (mancher Ameisen) immerwieder faszinierend.
Einerseits ist es schde, dass dies alles noch nicht vollkommen erforscht ist, es würde einem dann wohl noch viel unglaublicher vorkommen, andererseits wäre es auch ein wenig schade, denn was will man denn dann noch in Erfahrung bringen? Wenn man schon alles über diese Geschöpfe weiß, was soll man dann als Halter "ausprobieren"? Man könnte dann ja alles kurz und bündig im Internet nachlesen.
Ich finde es immerwieder interessant, eine Art Labyrinth zu bauen mit beispielsweise einem Untergrund aus Papier und eine Arbeiterin einer Art darauf zu setzen und zu testen, ob diese den Weg auchnoch findet, wenn das Blatt ausgetauscht wurde.
Was ich auch klasse finde ist, wie schnell sich bei manchen Arten Ameisenstraßen bilden, sowohl in der Natur als auch in der Haltung gut zu beobachten.
Manchmal finde ich, es ist viel schöner die Ameisen in der Natur zu beobachten, den Lasius fuliginosus Zuckerwasser anzubieten und zu beobachten, wie schnell sich eine dicht belaufenen "Ameisenbahn" bildet.
Andererseits, wenn es draußen regnet und man keine Lust hat, nach drausen zu gehen, ist es schon etwas tolles, sich vor sein Formicarium zu setzen und ihnen einfach nur zuzuschauen, wobei ich sagen muss, dass ich die Gedult schneller verliere, wenn ich in ein Formicarium schaue, als wenn ich mich auf einen Baumstamm setze und ihnen in der Natur zuschaue.

Ich wollte das nur mal so loswerden...


MfG Jan
Gaster
 

Weiteres zum "Schrittezählen" von Cataglyphis

Beitragvon earlant » 5. Jul 2006 11:01

Inzwischen hatte ich die Originalarbeit angefordert: Die Ameisen wurden darauf trainiert, in einer 10 m langen, geraden Aluminium-Schiene zu einer festen Futterstelle zu laufen, konnten also keinen Zickzack-Kurs steuern.
An der Futterstelle wurden die Beinverlängerungen bzw. –verkürzungen vorgenommen. Die Ameise wurde mit einem Futterbrocken dazu motiviert, zum Nest zu laufen, und dabei konnte man Weglängen, Schrittlängen, Geschwindigkeit usw. messen, wobei auch Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen ausgewertet wurden.

Da mir unklar war, ob und wie die Ameise auch nach einem „Zickzack-Hinweg“ die Strecke für einen geraden Rückweg „errechnet“, habe ich bei einem der Autoren, Herrn Dr. Wittlinger, nachgefragt.

Aus seiner Antwort geht hervor, dass die Versuchsanordnung mit den geraden Schienen gewählt wurde, um möglichst alle störenden Parameter auszuschalten.

Zitat Wittlinger:
Normalerweise laufen die Tiere im offenen Feld (wenn sie nicht auf eine best. Futtestelle trainiert sind) in mäandernder Art und Weise bis sie Futter finden und laufen auf direktem Wege zurück. Wie sie bestimmt wissen ist diese so genannte Wegintegration ("path integration") eine annähernde Vektoraddition in der der Weg in Einzelvektoren aufgeteilt wird. Dadurch erhalten die Tiere einen resultierenden Vektor, der invers die Info über Richtung und Entfernung zum Ausgangspunkt beinhaltet. Die Wegstrecke wird nun eben durch Integration der Schritte ermittelt.
Der Versuch würde auch ohne Kanäle funktionieren und müsste auch bei Tieren nach natürlichen (mäandernden) Ausläufen nach der Manipulation der Beinlänge zu Fehleinschätzungen des Rücklaufvektors führen.

Die Tiere können also noch einiges mehr als man nach den Berichten in der Presse erwarten würde! Verständlich (und nicht ganz wissenschaftlich) ausgedrückt: Die Ameise läuft eine bestimmte Anzahl Schritte in eine Richtung, macht dann eine Schwenkung um einen bestimmten Winkelbetrag in eine andere Richtung, nach wiederum einer Anzahl von Schritten folgt eine weitere Richtungsänderung, und so weiter. Hat sie endlich Beute gefunden, kann sie aus den verschiedenen Richtungsänderungen UND der Anzahl der Schritte, die sie in die jeweilige Richtung getan hat, „ausrechnen“, in welcher Richtung das Nest ist UND wie viele Schritte sie machen muss, um in dieser Richtung auf geradem Weg dorthin zu gelangen.

Das erinnert an das „gegisste Besteck“ der Seefahrer vor GPS-Zeiten. (Gegisstes Besteck: Bestimmung des Schiffsorts durch Koppeln des Kurses und der zurückgelegten Strecke; ggf bei Google nachsehen).

Ameisen haltende Schüler: Lernt das Vektorrechnen! Sonst sind Euch Eure Ameisen geistig überlegen! :D

MfG
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