Bienensterben - Ameisensterben?

Hier können wissenschaftliche Informationen zu Ameisen eingetragen werden.

Bienensterben - Ameisensterben?

Beitragvon earlant » 4. Mai 2007 08:33

Aus den USA wird über ein massives Bienensterben berichtet.

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Bitte den Artikel lesen und sich dann folgende Fragen stellen:

Ein eingeschleppter Parasit oder Krankheitserreger, ob Milbe, Fadenwurm, Pilz, Bakterium oder Virus, würde bei uns einheimische Ameisen befallen und ¼ oder ½ der Bestände EINER Art oder gar mehrerer Arten vernichten (z.B. Aphaenogaster subterranea, Tetramorium cf caespitum, Lasius niger, Camponotus ligniperda, Temnothorax nylanderi, um nur ein paar zu nennen):

1.) Würde jemand diesen Rückgang bemerken?

2.) Falls ja: Würden öffentliche oder private Mittel bereit gestellt um die Ursache aufzuklären?

3.) Falls ja: Kennt Ihr Institute/ Myrmekologen, die derartige Forschung durchführen könnten? Gibt es genügend Myrmekologen um diese Forschung flächendeckend in Deutschland durchzuführen?

4.) Falls ja: Würde nach Mitteln zur Bekämpfung des Erregers geforscht? Von wem?

5.) Falls ja: Würden Gelder zur flächendeckenden Bekämpfung des Erregers bereitgestellt?

6.) Falls ja: Wieviele Personen wären notwendig und fähig, die Bekämpfung des Erregers durchzuführen und auch den Erfolg zu kontrollieren?

Zur Information:
Die Honigbiene ist ein soziales Insekt von großer wirtschaftlicher Bedeutung fast weltweit. Es ist eine einzige Art (mit mehreren Rassen).

Fast alle Bienenvölker werden von Imkern betreut, so dass Störungen sehr schnell entdeckt werden.

Entsprechend gibt es weltweit hunderte von Bienenforschungsinstituten mit jeweils Dutzenden von Mitarbeitern, die Ursachenforschung betreiben, und es gibt öffentliche Gelder für diese Forschung.

Sie alle haben bisher kein Mittel z.B. gegen die nunmehr fast weltweit verschleppte Varroamilbe gefunden. Sie alle tappen nun auch nach mehreren Monaten der Forschung über die Ursachen des neuen Bienensterbens im Dunkeln.

Mein Schluss: Im Falle der Einschleppung eines solchen Erregers bei Ameisen wären unsere Ameisen ganz arm dran!

Dies ist als Hinweis auf die Dimensionen der Verantwortung gedacht, die man übernimmt, wenn man exotische Ameisen importiert, verkauft/kauft und häufig unzureichend gegen Ausbruch gesichert bei sich hält.

Zurzeit mehren sich Fälle von scheinbar geheimnisvollem Siechtum und Todesfällen bei einheimischen und exotischen Ameisen in Heimhaltung. Ich werde mit Anfragen bombardiert und um Untersuchung der Ursachen gebeten. Ist der Ernstfall bereits eingetreten?

Wenn man die Dimensionen solcher Untersuchungen bei der Honigbiene zum Vergleich nimmt, dürfte jedem klar werden, dass ich allein, ohne Labor, derartige Forschung nicht betreiben kann!

Die richtigen Schlüsse aus dieser Situation zu ziehen, bleibt dem Gewissen und Verstand jedes einzelnen Beteiligten überlassen.

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Beitragvon delirium » 4. Mai 2007 10:03

Mh, das Problem mit den Bienen war mir zwar vorher schon bewusst, aber das nocheinmal so ausfühlich zu lesen, ist schon hart.

earlant, ich kann Ihnen sagen, selbst wenn unsere Ameisen mit einem Eisbärbaby auf dem Gaster herumlaufen würden, welches sich dann als Parasit entpuppt, würde niemand etwas dagegen tun. Weder die Notwendigkeit noch die Relevanz von Ameisen wird überhaupt ansatzweise erkannt. Dass sie wirtschaftlich, gerade im Forstbereich, unerlässlich sind, ist wohl kaum jemandem klar. Deswegen bezweifle ich auch, dass sich irgendein öffentliches Institut damit beschäftigen würde. Allein deswegen nicht, weil der "Vorteil" nicht unbedingt in Euro zu zählen ist, da diese Forschung eher Schlimmeres verhindert und dann die Volkswirtschaft nachhaltig schützt. Naja, mit der Nachhaltigkeit hat der Mensch eh so einige Probleme.

Ich muss auch sagen, dass diese Bienengeschichte, egal ob nun durch die Milbe oder einem anderen eingeschleppten Viech, endlich ein greifbares Beispiel für die Gefahr beim Import von Exoten. Bisher wurde ja sehr emotional auf relativ abstrakter theoretischer Ebene über die Gefahren gesprochen, aber die Bienen machen es jedem Deppen klar, was passieren kann.
Was mich aber irgendwie auch beunruhigt, ist, dass Bienen mit irgendwelchen Zeugs vollgepumpt werden. Ich bin zwar nicht so naiv und denke, sie leben einfach nur friedlich auf der Weide, aber, dass das so massiv ist, das wusste selbst ich nicht.

Aber insgesamt ist es sehr bedenklich. Gerade gestern habe ich mal wieder den Müll aus meinem Polyrhachis Becken gesammelt, den ich dann heute (nachdem ich die anderen Ameisen eingesammlt habe) abkochen werde, um ihn dann erst wegzuschmeißen.
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Beitragvon sven2436 » 4. Mai 2007 10:05

Vielen Dank für die Recherche, jedoch finde ich, dass es sich um eine Einseitige Betrachtung von ihnen handelt (earlant).

Wie sieht es denn mit den "Wildbienen" aus? Ich muss gestehen ich habe von diesem Phänomen in den USA gehört aber noch nicht recherchiert wie betroffen wilde Bienenvölker in den USA sind.

Auch finde ich den Bezug auf einheimische Ameisen etwas an den Haaren herbei gezogen!
Im Prinzip gilt dies doch für jede Gattung, Art...
Denken wir nur an die Krankheitserreger aus Europa an denen die Ureinwohner Nordamerikas (und sicher auch Südamerikas) reihenweise gestorben sind.

Es würde logischer Weise kaum bzw. weniger drastisch auffallen wenn Ameisen betroffen wären und gemeinhin werden diese ja auch als Schädlinge betrachtet, von daher denke ich, dass, wenn Ameisen derart befallen werden würden, diese sich über natürliche Selektion dem Problem anpassen müssten.

Es handelt sich doch um ein Problem der Globalisierung und wie schon angedeutet kann dies auf jede Gattung, Art... angewendet werden.
Entfernungen schrumpfen zusammen, so dass sich Parasiten Bakterien, Viren etc. rasend schnell verbreiten können (teils bevor Symptome festgestellt werden) und somit nicht durch z.B. die lokale Vernichtung von einigen Völkern die Verbreitung des Krankheitserregers auch schon wieder eingedämmt wird.
Wer weiß denn wie viele Jahrtausende AIDS schon "existiert" und erst durch die Erschließung bestimmter Landstriche und die Mobilität der Menschenheit derart verbreitet wurde?!
Oder nehmen wir die Pest im Mittelalter...

Von daher denke ich, dass diese Diskussion stark theoretisch und doch etwas an den Haaren herbei auf die Ameisen bezogen ist!

Über die Problematik des Importes denke ich brauchen wir hier auch nicht weiter diskutieren, denn die wurde von Earlant ja sehr gut dargelegt und sollte einem vernünftigen Halter auch zu eigen sein!

Was den wirtschaftlichen Nutzen und den realen Nutzen der Ameisen betrifft kann ich delirium nur zustimmen, er wird, so denke ich, allgemein hin verkannt (werden).

Gruß
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Beitragvon delirium » 4. Mai 2007 10:18

@sven

Ich denke nicht, dass es NUR auf Ameisen bezogen werden kann, da wir aber in einem Forum sind, welches sich mit Ameisen beschäftigt, ist es natürlich nur ein Beispiel dafür.

"Dass sie sich per natürliche Selektion anpassen müssten."
Das klingt zwar ganz nett und auch relativ friedlich, aber das könnte bedeuten, dass eben Arten, die den Problemen nicht gewachsen sind, austerben, jedenfals partiell.
Im Artikel wird davon gesprochen, dass die asiatischen Bienen wissen, wann sie befallen sind und die einheimischen Bienen diesen Instinkt noch nicht hätten. Da wird dieses "noch nicht" doch irgendwie verharmlost, da sich Instinkte im Laufe der Evolution und damit über sehr lange Zeiträume erstrecken. Obwohl es erstaunlich ist, wie schnell Tiere (meist Säugetiere) Methoden entwickeln, um auf bestimmte Probleme zu reagieren. Ob das auch auf Insekten, in diesem Fall Bienen oder Ameisen, zutrifft, kann ich nicht beantworten.
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Beitragvon Waldläuferin » 4. Mai 2007 10:59

Mich würde ja schon interessieren, wie amerikanische Forscher gentechnisch veränderte Pflanzen als Mitauslöser ausschließen können.

In der Kombination von Antibiotika, nicht artgerechter Zusatzernährung und natürlicher Nahrung, die gentechnisch insektenfeindlich gemacht wurde, sehe ich schon ein großes Risiko für Bienenvölker. Immerhin schwächt die regelmäßige Aufnahme von Antibiotika das Immunsystem und öffnet damit die Schwellen für Parasiten u.ä.

So funktioniert die deutschen (industrielle) Nutztierhaltung eben auch nur, wenn extrem hohe Hygienemaßnahmen mit Antibiotika und anderen Medikamenten kombiniert werden. Ich musste meine Studienpraktika in solchen Betrieben ableisten und mir ist alles vergangen.

@Earlant
Ich weiss leider nicht, wie hoch die Dichte der Ameisenforscher in Deutschland sind und welche Mittel ihnen zur Verfügung gestellt werden. Wenn diese Parasiten tatsächlich nach Deutschland eingeschleppt werden und auch Ameisen angreifen, und davon muss man ausgehen, bedeutet es ein großes Risiko für unsere Ameisenvölker.
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Beitragvon earlant » 4. Mai 2007 11:09

Zu sven2436:
Wie sieht es denn mit den "Wildbienen" aus?

- Im deutschen Sprachgebrauch sind „Wildbienen“ alle Arten solitärer und sozialer frei lebender Arten (sozial sind nur die Hummeln), also alle außer der Honigbiene. (Die Wildbienen sind übrigens pauschal alle unter „besonderem Schutz“, so wie bei den Ameisen nur die Waldameisen im engeren Sinn!).

Verwilderte Honigbienen gibt es bei uns nur sehr selten und meist nur kurzfristig: Nach dem Tierseuchengesetz müssen entkommene Honigbienenvölker schnellstens eingefangen (oder vernichtet) werden. So will man verhindern, dass sie ein Reservoir für die bekannten Bienenkrankheiten (Nosema, Tracheenmilben, Faulbrut u.a., neuerdings eben Varroa) bilden, von denen domestizierte Völker wieder befallen werden könnten.

Wie das in den USA aussieht, weiß ich nicht: Da gibt es riesige Gebiete, die schlecht kontrollierbar sind. Und es gibt das Problem der „afrikanisierten“ oder Killerbienen (in dem Artikel erwähnt). – Ob eine der Bienenkrankheiten auf Hummeln oder solitäre Bienen übergeht, weiß man nicht. Darüber wird so wenig geforscht wie über die Krankheiten der Ameisen.

Auch finde ich den Bezug auf einheimische Ameisen etwas an den Haaren herbei gezogen! Im Prinzip gilt dies doch für jede Gattung, Art... Und: Von daher denke ich, dass diese Diskussion stark theoretisch und doch etwas an den Haaren herbei auf die Ameisen bezogen ist!

- Wir sind hier in einem Ameisenforum, wir haben zunehmend Importe exotischer Arten, wir haben zunehmend Meldungen von siechenden Ameisenvölkern, wir haben jede Menge von Möglichkeiten der Einschleppung von Erregern und Parasiten von Weiß-Gott-woher. Wo bitte habe ich da etwas „an den Haaren herbeigezogen“???

wenn Ameisen derart befallen werden würden, diese sich über natürliche Selektion dem Problem anpassen müssten.

- Hier kommen wir wieder in längst ausdiskutierte Bereiche. Wie sagen Sie es den Ameisen, dass sie sich „anpassen müssen“??

Von Natur aus zuwandernde Schadorganismen kommen langsam, in großen Zeitabständen (Jahrhunderte, Jahrtausende …), so dass die einheimischen Zeit haben sich anzupassen, oder auch nicht.

Neu und bedrohlich ist die Einfuhr zahlreicher Exotenarten innerhalb weniger Jahre, praktisch gleichzeitig verteilt über große Teile Europas, und aus teilweise sehr fernen Ländern, woher weder die Ameisen noch ihre parasite load je von sich aus gekommen wären. Mit einer Anpassung daran sind unsere Ameisen schlicht überfordert! Bleibt als Alternative das Wegsterben….

Wenn schon der Vergleich mit Menschen sein muss: Weder die amerikanischen Ureinwohner, noch die von Pest oder AIDS bedrohte Menschheit haben sich bisher „angepasst“! Betroffene sind schlicht verreckt und verrecken noch heute, dank medizinischer Fortschritte nur etwas langsamer! (Bei der Pest gab es wohl schon immer einige Prozent resistente Menschen, die eine Infektion überlebt haben).

„Anpassung“ heißt nichts anderes als dass alle Infizierten sterben müssen, bis auf einige (wenige oder im günstigen Fall auch mehr), die zufällig bereits genetische Abwehrmechanismen besitzen. NUR DIESE (ob Menschen oder Tiere, Ameisen) können eine Infektion überleben und sich fortpflanzen und sich (vielleicht) auch wieder vermehren, so dass die Art nicht ausstirbt! Das ist eine Selektion der Angepassten, wobei alle nicht-Angepassten eben sterben müssen.

Sicher gab es AIDS schon lange, bei Schimpansen, bei denen sich in Millionen Jahren der Ko-Evolution resistente Genotypen durchgesetzt haben, so dass die heute lebenden Schimpansen den Erreger in sich tragen, aber nicht daran zugrunde gehen. Der fatale Übergang auf Menschen erfolgte sehr wahrscheinlich, als Jäger auf die Idee kamen, Schimpansen zu schießen und als „bushmeat“ zu verkaufen: Beim Häuten und Ausnehmen der Tiere reicht eine kleine Verletzung des Jägers um sich über das Affenblut anzustecken. Die weitere Ausbreitung von AIDS innerhalb der Art Homo sapiens erfolgt dann auf den hinreichend bekannten Wegen.

Ich schreibe das so ausführlich, weil offenbar über den Vorgang der viel gestressten „Anpassung“ bei den meisten gänzlich falsche Vorstellungen herrschen, zumindest wenn es um die Anpassung von Arten geht.

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Beitragvon NuEM » 4. Mai 2007 11:51

Die Mahnung ist natürlich berechtigt, aber der Schluss von Bienen zu Ameisen ist, so finde ich, ein wenig gewagt.

Honigbienen werden seit Jahrtausenden vom Menschen domestiziert, soweit das bei einem Insekt möglich ist, und gezielt auf gesteigerten Honigertrag gezüchtet. Wie bei allen vom Menschen "überzüchteten" Arten, sind auch die Bienen immer anfälliger für Krankheit und Parasiten geworden. Wie schon von ihnen erwähnt, handelt es sich um eine einzige Art, die weltweit vom Menschen verbreitet wird. Der Vergleich mit riesigen Monokulturen liegt da nahe. In den USA werden Honigbienen zu tausenden Völkern auf großen Trucks quer durch den Kontinent gefahren, um neben der Honigernte bestimmte Pflanzen im großen Stil zu bestäuben.

Das ist ein Seuchenpotential, das auf unsere heimische Ameisenwelt so nicht übertragbar ist.
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Beitragvon earlant » 4. Mai 2007 13:47

@ NuEM:
Das ist ein Seuchenpotential, das auf unsere heimische Ameisenwelt so nicht übertragbar ist.
Woher nehmen Sie diese Gewissheit, mit der Sie das behaupten?

M.E. ist das ebenso aus der Luft gegriffen, und wahrscheinlich Wunschdenken, wie die Behauptung von sven2436:
jedoch finde ich, dass es sich um eine Einseitige Betrachtung von ihnen handelt (earlant).

Wer mir solche Behauptungen entgegenhalten will, hat die verd... Pflicht und Schuldigkeit, für deren Richtigkeit BEWEISE zu liefern, oder wenigstens Hinweise! Z.B. möchte ich sven2436 auffordern, doch die die andere Seite darzustellen, die ich angeblich vernachlässigt habe ("einseitig").

Bei der Honigbiene handelt es sich um eine einzige Art, von der bereits eine ganze Anzahl von älteren und neueren Parasiten und Erregern bekannt geworden ist, weil man diese Art halt sehr gut kennt. Domestiziert ist sie so wenig, dass jedes Volk jederzeit ohne menschliche Betreuung in einer Baumhöhle überleben und sich fortpflanzen kann. Bei den Ameisen handelt es sich um rund 12.000 Arten und um über 100 in jüngster Zeit nach Europa eingeführte Arten. Das multipliziert doch die Risiken, wenn ich nicht ganz gewaltig daneben liegen sollte!

Bisher kennt man nur wenige Parasiten von Ameisen, einfach weil deren Erforschung wirtschaftlich uninteressant ist. Zufällig habe ich einige davon höchst eigenhändig untersucht und darüber publiziert. Dazu gab es bereits etliche Diskussionen und Berichte. Ihr könnt nicht abstreiten, dass es bei Ameisen Parasiten und Krankheitserreger gibt, und Ihr könnt nicht bestreiten, dass Übertragung von Parasiten zwischen Arten und Gattungen vorkommt. Das ist nun einmal wissenschaftlich bewiesene Tatsache. Und falls Ihr diese Fakten nicht kennt, kann ich diesen link empfehlen:
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Für Einzelheiten bitte die blau geschriebenen Namen/Bezeichnungen anklicken!

Ergänzend zu dem vorhin diskutierten Beispiel AIDS: Auch hier liegt ein Beweis dafür vor, dass Erreger (hier das HIV-Virus) über Art- und Gattungsgrenzen hinweg "springen" können. Und dann sogar erst bei dem "Zielorganismus" so richtig schädlich werden können.

Da liegt es doch wahrlich näher, ähnliche Parasitentransfers zwischen Ameisenarten zu erwarten, als daraus zu schließen "Bei Ameisen ist das was gaaaanz anderes, da kommt das bestimmt nicht vor!"
Was ich eingangs versuchte deutlich zu machen: Passiert etwas im Freiland, merkt's ja keiner. Eine Schädigung durch eingeschleppte Parasiten wird noch am ehesten bei sorgfältig beobachteten, im Formikarium gehaltenen Ameisen erkennbar.

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Beitragvon Chemitech » 4. Mai 2007 16:00

Nur mal so nebenbei, es wird zu dem Thema immer wieder berichtet das die Bienen scheinbar spurlos verschwinden und nicht, dass die ganze Kolonie tot in ihrem Stock liegt.
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Beitragvon NuEM » 4. Mai 2007 16:28

earlant hat geschrieben:@ NuEM:
Woher nehmen Sie diese Gewissheit, mit der Sie das behaupten?

M.E. ist das ebenso aus der Luft gegriffen, und wahrscheinlich Wunschdenken[...]


Ohne mich auf semantische Spielchen einlassen zu wollen, möchte ich doch meine Aussage differenziert genug betrachtet wissen. Ich habe tatsächlich die Gewissheit, dass unsere Ameisen kein solches Seuchenpotential bieten, wie es Honigbienen vor allem in den USA, aber auch bei uns tun.

Ich rede dabei ganz deutlich vom Potential. Sicher ist ein Massensterben von Ameisen ähnlich wie bei den Honigbienen denkbar. Aber unsere Ameisenfauna unterscheidet sich doch erheblich von der Bienenhaltung.

- Über 100 verschiedene Arten, von denen jeweil nur ein Bruchteil von einer solchen "Seuche" betroffen werden würde, anstatt nur einer einzigen Art, die überall auf der Welt praktisch gleich empfindlich auf Parasiten reagiert.

- Im Gegensatz zu Honigbienen werden Ameisen nicht im großen Stil quer durch den Kontinent gefahren, und dann auf die Natur (wenn man gigantische Agrarflächen mal so nennen möchte) losgelassen. (Hyperlinks sind nur für registrierte Nutzer sichtbar)

- Ameisen wurden nicht seit Jahrtausenden auf optimalen Honigertrag bei gleichzeiter Unterdrückung anderer Selektionsmechanismen (Parasiten etc.) gezüchtet.

Diese Unterschiede lassen sich nicht leugnen. Natürlich droht unseren Ameisen Gefahr, auch durch z.B. Exotenhandel. Aber das Risiko und das mögliche Ausmaß dieser Gefahr mit dem aktuellen Bienensterben gleichzusetzen, halte ich für unseriös.
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Beitragvon earlant » 4. Mai 2007 20:23

Hallo NuEM,

Unseriös ist allenfalls, mir etwas zu unterstellen, was ich gar nicht gesagt habe! Mit keinem Wort habe ich das aktuelle Bienensterben mit dem Ausmaß der Gefahr für unsere Ameisen „gleichgesetzt“. Zurück zum Startpost und „Mensch ärgere Dich nicht“! Lesen Sie nach, was ich geschrieben habe.

Was Sie mit „Seuchenpotential“ meinen, erschließt sich mir nicht so ganz.

Bei der Varroa reicht im Prinzip ein einziges infiziertes Volk, um die Infektion z.B. auf die Hawaii-Inseln zu bringen. Den Rest erledigen die Bienen selbst, indem sie fliegend den Parasiten ausbreiten. Analog können fliegende Ameisen-Geschlechtstiere ein Virus oder ein Bakterium ausbreiten, das ihnen selbst vielleicht gar nicht schadet, das aber auf andere Arten übergeht, die ja gerne fremde Jungköniginnen fressen.

In Deutschland gibt es keine Bienen-Trucks, dennoch hat es die Varroa binnen weniger Jahre geschafft, sich über ganz Deutschland und die Nachbarländer auszubreiten. Sicher hat hier der Handel mit Bienenvölkern kräftig nachgeholfen.

Bei freilebenden Tieren wie Ameisen würde, nach Infektion einer begrenzten Population, die Ausbreitung langsamer gehen, einige Jahre, evtl. Jahrzehnte dauern (auch die Ansiedlung invasiver Arten wie der Fire Ant in Nordamerika hat bekanntlich eine „Anlaufphase“ von z.T. mehreren Jahrzehnten). Der Verkauf von evtl. infizierten Ameisenvölkern gleichzeitig an viele Orte in Europa vergrößert sowohl das Risiko, dass hie und da eine Infektion freigesetzt wird, als auch bei mehrfacher „erfolgreicher“ Freisetzung die Geschwindigkeit der Ausbreitung eines Erregers.

Wir sollten aber als denkende und vorausschauende Menschen doch auch überlegen, dass unsere Kinder und Enkel auch noch einen Anspruch auf eine möglichst (so weit überhaupt möglich) lokal intakte Natur haben, und sei es nur noch in Naturschutzgebieten. Diese Möglichkeit rauben wir den folgenden Generationen, wenn wir leichtsinnig die jetzt hier existierende Fauna gefährden. Das betrachte ich als verantwortungslos.

Über 100 verschiedene Arten, von denen jeweil nur ein Bruchteil von einer solchen "Seuche" betroffen werden würde, anstatt nur einer einzigen Art, die überall auf der Welt praktisch gleich empfindlich auf Parasiten reagiert.
- Hier haben Sie, glaube ich, etwas missverstanden:
Wir haben in D rund 110 freilebende, einheimische Ameisenarten. In Europa sind es gegen 190.
Von Händlern sowie Urlaubern wurden ausweislich der Angebote und Haltungsberichte bisher ca. 100-120 exotische Ameisenarten nach Deutschland gebracht, zum Teil „nur“ aus den Mittelmeerländern, viele aber aus weit entfernten Regionen.
Die Honigbiene hat ca.ein halbes Dutzend bekannte Krankheitserreger. Diese gehen nicht auf andere Arten über, so weit man weiß, denn hier gibt es keine anderen Apis-Arten.

Wenn jede ausländische Ameisenart im Durchschnitt auch nur halb so viele, sagen wir 3, Krankheitserreger und Parasiten mitbringt, so sind das insgesamt 300 Erreger-Arten. Ihnen stehen nicht null, sondern 110 potentielle Empfängerarten gegenüber, allein bei uns in Deutschland. Das ergibt rechnerisch 33.000 Übertragungsmöglichkeiten.

Hinzu kommt noch die Möglichkeit, dass z.B. ein Parasit einer exotischen Ameise aus Argentinien auf eine exotische Ameisenart aus Indonesien übergeht, etwa im Lager eines Händlers. Das würde allerdings nur die Halter schädigen, nicht die heimische Fauna, kann somit in dieser Diskussion außen vor bleiben.

Selbstverständlich können schon aus biologischen Gründen nicht alle diese Übertragungsmöglichkeiten realisiert werden. Aber es reichen schon ein paar wenige, um heimische Arten schwer zu schädigen. Und das auch noch kaum bemerkbar, anders als bei einem „neuen“ Bienenschädling.

So, ansonsten ko..-regurgitiert es mich inzwischen an, wie hier jedes kritische Thema zerredet und jedes Risiko, das man aufzeigt, so lange kleingeredet wird, bis jeder sein Gewissen wieder eingeschläfert hat. Es ist ja nicht die erste derartige Diskussion.

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PS: @ Waldläuferin: Die Institute in Deutschland, an denen über Ameisen geforscht wird, sind an den Fingern einer Hand abzuzählen! Biozentrum Uni Würzburg; Prof. Heinze an der Uni Regensburg; Frau Prof. Foitzik an der Uni München. Bis vor wenigen Jahren gab es noch die Arbeitsgruppe Maschwitz an der Uni Frankfurt und meine an der TU Darmstadt.
Hinzu kommen ein paar Institute, an denen Ökologie betrieben wird, und wo auch manchmal faunistische Untersuchungen über Ameisen eine kleine Rolle spielen. An keinem einzigen Ort wird derzeit über Parasiten/ Erkrankungen von Ameisen geforscht.
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Beitragvon Eaglesword » 4. Mai 2007 20:56

"Im Artikel wird davon gesprochen, dass die asiatischen Bienen wissen, wann sie befallen sind und die einheimischen Bienen diesen Instinkt noch nicht hätten."
Die älteren Rassen der Honigbiene besitzen derweil Schutzmaßnahmen, und es ist sinnvoll, unsere träge Carnica durch Rückkreuzung wieder lebensfähiger zu machen.

Frage:
Ist bekannt, ob Raubameisen sich an ihren Zielen infizieren können? Zumindest wäre es bei Kampfhandlungen denkbar, dass durch Verletzungen eventuelle Keime eindringen.
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Beitragvon earlant » 5. Mai 2007 20:28

@ Eaglesword:
Frage:
Ist bekannt, ob Raubameisen sich an ihren Zielen infizieren können? Zumindest wäre es bei Kampfhandlungen denkbar, dass durch Verletzungen eventuelle Keime eindringen.

Jawohl! Zumindest wird angenommen, dass die Raubameise Formica sanguinea deshalb besonders häufig von dem Virus befallen ist, das die Entstehung von Pseudogynen bewirkt, weil sie mit Bewohnern zahlreicher Nester von Formica (Serviformica) spp. in Berührung kommt. Die Übertragung erfolgt dabei allerdings mit dem Futterspeichel der Sklaven auf die Larven der Raubameise:
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Beitragvon Eaglesword » 5. Mai 2007 20:39

Ich meine, solche Arbeiter selber mal gesehn zu haben, aber das ist zu lange her.
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Beitragvon sven2436 » 6. Mai 2007 16:45

@earlant

Ich muss gestehen dass ich es schade finde wie Sie als Mann vom Fach argumentieren bzw. Anderen die Worte im Munde drehen!
Ich habe Ihnen zugestimmt, dass es ein Problem ist, dass Exoten importiert und eingeschleppt werden, habe aber auch darauf hingewiesen, dass dies ein Allgemeines Problem ist und auch für deutlich besser erforschte Tierarten gilt, egal ob wir in einem Ameisenforum sind oder nicht, die Welt um die Ameisen herum existiert auch noch.
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass ich Ihre Aussagen und Meinungen zur Problematik des Importes bzw. der Einschleppung von Exoten teile und voll unterstütze.
Mir war daran gelegen dieses Problem im gesamten darzustellen, denn es könnte auch jede andere Art treffen.

Damit will ich Ihre Fachkompetenz nicht anzweifeln!
Aber Ihren Standpunkt zu diesem Thema kennen wir und den vertreten Sie ja nun auch in jedem Beitrag (ok, bevor weiter Haare gespalten werden, in fast jedem!).
Das z.B. finde ich einseitig...

Einseitig finde ich weiterhin Ihre Argumentation in der Richtung, dass Sie z.B. ein Phänomen gezüchteter (überzüchteter) Bienen in den USA (ohne den Einfluss auf die "Wildbienen" zu kennen) einfach auf einheimische Ameisenarten übertragen!

Ich stehe übrigens nicht in der Pflicht diese anderen Seiten auszuarbeiten oder darzustellen, nur weil ich eine Argumentation einseitig finde!

Weiterhin finde ich es streitig von Anderen sogenannte "Beweise" zu verlangen, wenn Sie doch in diesem Beitrag selbst nur eine These aufstellen, die zutreffen kann, aber nicht muss.
Auch finde ich es schade, wenn anderen Forenteilnehmern die Worte im Munde herum gedreht werden, bloß weil ein Fachwort nicht korrekt angewandt wurde! Wir sind nämlich in keinem Expertenforum.
Ich weiß auch, dass wir in einem Ameisenforum sind, aber trotzdem muss man ja nicht jede Möglichkeit auf Ameisen beziehen, nur um wiederholt die Problematik von Exoten zu thematisieren...

Auch wenn einige Völker an einem Erreger zugrunde gehen, findet so ja eine Selektion und eine Eindämmung des Erregers statt.

Nun ja, das wird wieder für heftige Diskussionen und Zitate sorgen, aber ich wollte eigentlich nur meine Meinung zu diesem Thema sagen, ohne gleich wieder zur Grundsatzdiskussion zu gelangen.
Ich hoffe daher dies geht jetzt nicht so weiter, denn auch Akzeptanz anderer Meinungen und von Kritik gehört mit dazu wenn man sich in einem Forum bewegt.

Grüße
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