Und ja, ich gestehe, wenn ich mir solche Ameisen gekauft hätte, ich hätt es gleich gemacht.
Erst mal ein Punkt für Ehrlichkeit!
Ich war auch mal 15 und hatte da meine Sturm- und Drangzeit, habe alles schwarz und weiß gesehen, alles besser gewusst, und ja, auch ich hätte mir ein Ameisennest so ins Zimmer gestellt, ohne an den nächsten Tag zu denken! (Nur hätte ich es mir nicht leisten können zu der Zeit, 1955)
Der „einfache Schutzkorb“ über der Anlage erledigt sich von selbst, wenn erst mal Geflügelte darin herumschwirren: Wie fängt man die ein ohne dass sie beim Anheben des Korbes entwischen? Wie füttert man, reinigt man die Insel? – Stelle ich mir zumindest schwierig vor!
Sehr geehrter Herr Sebesta:
Auch Ihnen zuerst mal vielen Dank dafür, dass Sie sich nun doch einer sachlichen Diskussion stellen!
In Ihrer Artikelbeschreibung zu Crematogaster rogenhoferi ist zu lesen:
Gefahren: ….. Evtl. Nestreste oder leere Nester, die nicht mehr benötigt werden, bitte wegen der Infektionsgefahr vor der Entsorgung mit heissem Wasser überbrühen!
Andernorts in Ihren Angeboten steht auch völlig richtig, dass man die Ameisen nicht ins Freie entkommen lassen oder gar freisetzen darf.
Die, wie wir gerade gesehen haben, „verführerische“ freie Aufstellung der Crematogaster-Nester im Raum widerspricht jedoch diametral den genannten, richtigen Empfehlungen. Um diese widersprüchlichen Empfehlungen geht es.
Nun zu Ihren neuen Argumenten:
Was die vermuteten Geschlechtstiere angeht, so stellt sich ohnehin die Frage, ob dieses bei gleichbleibender Klimabedingung und ohne weitere Kolonien in der Nähe zu einem Schwarmflug kommen würde.
Hier muss ich ernsthaft fragen, ob Ihnen eigene Erfahrungen oder besser noch wissenschaftliche Erkenntnisse (veröffentlicht) zur Verfügung stehen, die das Ausbleiben eines Schwarmfluges bei gleich bleibender Klimabedingung beweisen bzw. wenigstens wahrscheinlich machen.
Es gibt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass tropische Ameisen verschiedenster Arten bei Heimhaltung Geschlechtstiere aufziehen, die auch schwärmen können. Beispiele, für jedermann nachlesbar, gibt es in den Foren:
- Atta sp. (habe ich selbst in Würzburg erlebt; Zoo Osnabrück u.a.)
- Acromyrmex cf. octospinosus (Michael Schön, „pruvex” in Köln u.a.)
- Polyrhachis dives („Sahal“; ganz massiv „Erne“ im Ameisencafe, vormals Forum Ameisenhaltung, u.a.)
- Myrmecia cf pavida (Aquazoo Düsseldorf)
Die Liste ließe sich fortsetzen.
In der Natur ist es ja bei den meisten Arten so, dass der Schwarmflug erst bei bestimmten Klimatischen Faktoren und dem Wahrnehmen weiterer Kolonien über die Absonderungen der Duftstoffe, überhaupt erst stattfindet.
Auch hierfür vermisse ich wissenschaftliche oder praktische Erkenntnisse.
Die meisten Ameisenhalter kaufen sich doch „nur“ ein einziges Volk („Tauschangebote“ für Geschlechtstiere, um Verpaarung und Zucht zu probieren, gibt es reichlich in den Foren).
Geschlechtstiere werden auch in solchen einzeln gehaltenen Völkern aufgezogen (Forenberichte, und eigene Erfahrungen mit zahlreichen Arten).
"Wahrnehmen weiterer Kolonien über die Absonderungen der Duftstoffe, …“
– Das ist eine von mehreren, bisher gänzlich unbewiesenen Hypothesen (= Spekulationen!) über die Synchronisation von Hochzeitsflügen häufiger Arten (z.B. Lasius niger) über größere Bereiche.
Selbstverständlich werden Geschlechtstiere, wenn sie erst mal im Nest entstanden und herangereift sind, auch ausfliegen (Was sollte mit den Tausenden von Geschlechtstieren in einem C. rogenhoferi - Nest sonst geschehen?).
Binsenweisheit in der Ethologie (Verhaltensforschung): Wenn der passende Außenreiz über längere Zeit ausbleibt, wird eben die Reizschwelle gesenkt, bis ein winziger Reiz ausreicht um das Schwärmen auszulösen. Bei Fire Ants geht das im Freien mit einer Gießkanne. Wenn Sie Konrad Lorenz gelesen haben, kennen Sie den Fall seines Fliegenschnäppers, der sich bei längerem Fehlen einer Fliege eine solche „zusammenfantasierte“, aufflog und danach schnappte.
Bei Ameisen gibt es zahlreiche Beobachtungen über das „spontane“ Ausschwärmen einzeln gehaltener Völker, auch von mir selbst.
Z.B. Camponotus gigas: Nach den Untersuchungen von Herrn Dr. Pfeiffer hat jede Kolonie einen eigenen Rhythmus in der Geschlechtstieraufzucht. Sie schwärmen auch ohne dass die unmittelbaren Nachbarvölker das tun. Wahrscheinlich fliegen sie so weit, dass sie irgendwo doch auf zufällig synchron schwärmende Tiere stoßen.
Kurz gefasst: Ihre Vermutungen, dass bei C. rogenhoferi ohnehin keine Schwarmflüge auftreten werden, sind durch nichts zu stützen!
Bleibt weiterhin die Frage, was man Haltern dieser Art empfehlen soll.
Haltung, wie üblich, in einem völlig geschlossenen Aquarium/Terrarium (belüftet über feine Drahtgazeflächen) ist meines Erachtens die einzige Möglichkeit!
Wichtig ist dabei eine Eingriffsmöglichkeit zum Füttern, Reinigen usw., bei der keine fliegenden Geschlechtstiere entkommen können.
(Dass der Verzicht auf die Haltung die einzige Möglichkeit ist, ein „Infektionsrisiko“ zu 100 % auszuschließen, muss eigentlich nicht mehr eigens erwähnt werden. Ich sage das hier nur deshalb, damit nicht die falsche Vorstellung aufkommt, dass ich die Exotenhaltung plötzlich gut heißen würde).
mfG,
Earlant