Duftstoffe als "Wegweiser"

Hier können wissenschaftliche Informationen zu Ameisen eingetragen werden.

Duftstoffe als "Wegweiser"

Beitragvon Martin S. » 21. Dez 2004 11:28

Hier ein interessanter n-tv Bericht:
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Bericht:"Ameisen stellen "Wegweiser" auf, um möglichst schnell wieder zu ihrem Hügel zurückzufinden. Das berichten Forscher der englischen Universität Sheffield in der Fachzeitschrift "Nature". Bekannt war bereits, dass sich einige Ameisenarten an der Sonne oder an auffälligen Punkten in der Landschaft orientieren. Viele der Tiere wie die Pharaoameise jedoch hinterlassen auf ihrem Weg Duftstoffe und bilden so ein feinmaschiges Wegenetz, das nur über den Geruch wahrnehmbar ist.

Bislang war unklar, woher die Ameisen an Weggabelungen wissen, welcher Weg der richtige ist. Zunächst wurde angenommen, die von ihnen hinterlassen Chemikalien seien an bestimmten Stellen jeweils unterschiedlich stark konzentriert. Doch das wäre sehr kompliziert und fehleranfällig.

Wie die Forscher nun in Experimenten gezeigt haben, setzen die Insekten auf Geometrie: Die Wege sind demnach immer in einem bestimmten Winkel zueinander angeordnet, der den Ameisen zeigt: "Hier geht's in die weite Welt" (vom Nest weg) oder "Hier geht's nach Hause.""
(n-tv.de, 15.12.2004)

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Ameisen: Haltungsbericht(7)

Eine Welt der Düfte - Ameisenstraßen

Beitragvon uta » 18. Feb 2005 23:27

Eine Welt der Düfte - Ameisenstraßen - "Freie Fahrt für freie Bürger"?
... Einfluss auf unser Verkehrssystem? ...

So wichtig wie für uns heute das Handy sind für Ameisen bei der Kommunikation chemische Signale, so genannte Pheromone. Dabei handelt es sich meist um ein Gemisch aus vielen verschiedenen Kohlenwasserstoffen, die von speziellen Drüsen der Ameisen hergestellt werden. Die Ameisen markieren damit ihre Straßen, aber ebenso gut auch die Eier während der Fortpflanzung und stellen so Informationen für ihre Artgenossen bereit.

Egal ob drohende Kriege mit benachbarten Völkern, der kürzeste Weg zur Nahrung oder der Weg zurück zum Bau: fast alle zum Überleben wichtigen Nachrichten erhalten Ameisen über den Geruchssinn. Um die Signale aufnehmen zu können, sind auf den Antennen der Tiere zahlreiche Rezeptoren zu finden, die selbst feinste Duftspuren noch wahrnehmen können.

Beispiel Nahrungssuche bei Ernteameisen
„Vom Nest führen in die Umgebung ausgetretene Straßen, auf denen die Ameisen jeden Pflanzenwuchs unterdrücken“, – mehr als diese dürftige Information hatten die Schulbücher 1971 über Ameisenstraßen noch nicht zu bieten. Seitdem hat sich das Wissen über das große Krabbeln auf den „Autobahnen“ des Ameisenstaates vervielfacht.

Wissenschaftler um Professor Bert Hölldobler und Jürgen Liebig von der Universität Würzburg haben beispielsweise das Verkehrssystem der Ernteameisen im Südwesten der USA entschlüsselt: Hat eine der unzähligen Späherinnen einer Ameisenkolonie eine Futterstelle mit reichlich Pflanzensamen entdeckt, legt sie mithilfe von Drüsensekreten, die unter anderem das Pyrazin, einen flüchtigen Botenstoff enthalten, eine Duftspur an.

Diese wird von anderen Koloniebewohnern aufgespürt und im Handumdrehen wird aus einem „Feldweg“ eine „viel befahrene Ameisenautobahn“. Immer mehr Tieren folgen dem Duft bis zur Nahrungsquelle und sichern so die Ernährung und das Überleben der ganzen Kolonie.

Individuelles Parfum für jede Kolonie
Eine Beobachtung gab den Wissenschaftlern jedoch Rätsel auf. Obwohl auch die Ameisen anderer nahegelegener Nester eigene Transportwege anlegten und so ein Gewirr an Ameisenstraßen entstand, fanden die Ameisen ihre eigenen Wege problemlos wieder. Auch von den zahlreichen Straßenkreuzungen ließen sie sich nicht im geringsten irritieren. Wie konnte das sein?

Die Forscher vermuteten, dass bei den Ernteameisen nicht nur jede Art, sogar sogar jede einzelne Kolonie ihre Straßen mit einem individuellen Parfum, einem so genannten Spurpheromon belegt, das sie unverwechselbar macht. Wie die Forscher zusammen mit englischen Kollegen im April 2004 entdeckten, handelt es dabei um ein „Gemisch aus Kohlenwasserstoffen, dessen mengenmäßige Zusammensetzung aus Einzelbestandteilen für jede Kolonie charakteristisch ist.“

Landmarken und Sonnenstand
Doch um den Weg zurück zum Nest zu finden, reichen selbst die Spurdüfte nicht immer aus. Ameisen sind für solche Fälle gewappnet. Auf der einen Seite können sie sich gut an markante Punkte in der Landschaft erinnern, sie ermitteln aber auch anhand des Sonnenstands in Verbindung mit einer perfekt funktionierenden inneren Uhr, in welcher Richtung das eigene Nest zu finden ist.

Freie Fahrt für freie Bürger?
Forscher interessiert nicht nur, wie Ameisenstraßen aussehen und warum sie von den Ameisen genutzt werden, sie versuchen daraus auch neue Ideen für das Verkehrssystem des Menschen oder das optimale verschicken von e-Mails zu entwickeln.

„Ameisen haben ein ähnliches Verkehrssystem wie wir. Sie bauen dauerhafte Straßen, zum Teil sogar mit Leitplanken durch beiseite geräumte Hindernisse. Aber Ameisen haben keine Probleme mit Staus,“ sagt dazu Andreas Schadschneider, Stauforscher an der Universität Köln im Interview mit dem WDR im April 2004.

Dies liegt vor allem daran, dass die Ameisen alle im gleichen Tempo über ihre Straßen rennen und nicht versuchen schneller am Ziel zu sein als der Vordermann. Brems- und Beschleunigungs- und Überholmanöver, die allesamt die Unfallgefahr und damit auch die Entstehung eines Staus begünstigen werden dadurch nahezu überflüssig.

Schadschneider hält deshalb Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen oder Maßnahmen, die zum Kolonnenbildung führen, für geeignete Mittel, um dem Verkehrsinfarkt auf deutschen Straßen zu begegnen. Erste Pilotprojekte beispielsweise mit ampelgeregelten Autobahnzufahrten sind bereits erfolgreich verlaufen.

„Freie Fahrt für freie Bürger“ - Ob sich solche Vorhaben allerdings in näherer Zukunft auf Deutschlands Autobahnen politisch durchsetzen lassen, steht noch in den Sternen...

Quelle: geoscience-online.de
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Mathematisch gesteuerte Aggression

Beitragvon uta » 26. Feb 2005 19:46

Diesen Beitrag fand ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und möchte ihn Euch nicht vorenthalten.

Mathematisch gesteuerte Aggression
Von Reinhard Wandtner

Wenn die Mittagsglut auf der Sahara lastet, ist es ratsam, anstrengende Tätigkeiten zu meiden. Wüstenameisen der Art Cataglyphis fortis indessen lassen sich nicht beirren. Vielmehr sausen sie mit atemberaubender Geschwindigkeit über den oft 70 Grad heißen Sand. Dabei sammeln sie Insekten als Beute ein, die ein Opfer der Hitze geworden sind. Sie selbst müssen freilich darauf achten, bald ins kühle Nest zurückzukehren. Sie verlassen sich dabei auf ein zuverlässiges Navigationssystem, in das die unterschiedlichsten Informationen einfließen. Eine ganz wesentliche Stütze ist die sogenannte Wegintegration. Sie ergibt einen Vektor, der das Tier ständig über die zurückgelegte Wegstrecke und die Position relativ zum Ausgangspunkt informiert. Wie Zoologen der Universität Zürich jetzt herausgefunden haben, ist dieses Vektorverfahren von so fundamentaler Bedeutung, daß darüber sogar das Aggressionsverhalten der Wüstenameisen gesteuert wird.


Die Schweizer Forscher um Rüdiger Wehner befassen sich seit vielen Jahren mit den erstaunlichen Leistungen von Cataglyphis, sei es bei Freilanduntersuchungen in Nordafrika, sei es mit Experimenten im Labor. Unter anderem haben sie beobachtet, daß die Ameisen in unmittelbarer Nähe ihres Nestes überaus aggressiv auf Artgenossen anderer Kolonien reagieren. Schon in einigen Metern Entfernung benehmen sie sich viel friedlicher. Die Annahme, bei diesem Verhalten spielten Duftspuren aus dem Nest oder Landmarken in Nestnähe die entscheidende Rolle, erscheint plausibel. Mit einer raffinierten Versuchsanordnung haben Markus Knaden und Wehner jetzt aber nachgewiesen, daß die Aggression auch ohne derartige Äußerlichkeiten geweckt wird.

Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Science" (Bd. 305, S. 60) berichten, präsentierte man den Ameisen eine Futterstelle zwanzig Meter nördlich des Nests. Die Forscher arbeiteten dabei mit vier getrennten Ameisenkolonien. Wenn die Tiere die Futterstellen erreicht hatten, wurden sie mit einem Farbtupfer gekennzeichnet. So ließen sich die Mitglieder der vier Kolonien auch später noch voneinander unterscheiden. Nach dem Markieren wurden die Ameisen in ein anderes Gelände verfrachtet und dort freigelassen. Sofort huschten sie in südlicher Richtung davon, hin zum vermeintlichen Nest. Sobald sie die entsprechende Strecke zurückgelegt hatten, hielten sie inne und suchten nach dem nicht vorhandenen Eingang.

Erklären läßt sich das damit, daß der Vektor, den ihr Nervensystem beim vorherigen Weg zur Futterstelle errechnet hatte, nun gewissermaßen in umgekehrter Richtung abgearbeitet worden war. Er war jetzt auf Null gestellt. Andere Ameisen wurden abgefangen, als sie erst fünf Meter zurückgelaufen waren, also lediglich ein Viertel des Wegs absolviert hatten. Bei ihnen war der Vektor somit noch nicht gelöscht. Sie mußten daher annehmen, noch eine beträchtliche Strecke vom Nest entfernt zu sein.

Anschließend brachten die Forscher ihre Versuchstiere ins Labor. Sie setzten jeweils zwei Ameisen, jede aus einer anderen Kolonie, in eine acht mal zehn Zentimeter große Arena. Mit einer Videokamera zeichneten sie dann das Geschehen auf. Insbesondere wurde darauf geachtet, welche Ameisen eine drohende Haltung mit geöffneten Beißwerkzeugen einnahmen oder gar tätlich wurden, indem sie zubissen und Säure verspritzten. Von 34 Konfrontationen mündeten 29 in ein mehr oder weniger aggressives Verhalten. In 21 Fällen kam es zur offenen Auseinandersetzung - die Arena wurde zum Kampfplatz. Die weit überwiegende Zahl der Aggressionen ging dabei von Tieren aus, denen ihr Navigationssystem signalisiert hatte, das Nest sei schon erreicht. Diese Ameisen waren ebenso kampflustig wie Artgenossen, die tatsächlich vom Nesteingang in die Arena versetzt worden waren.

Die Ergebnisse der Zürcher Forscher beweisen, daß der aus der Wegintegration stammende Vektor den Wüstenameisen keineswegs nur zur Navigation dient. Ihm kommt offenbar auch eine fundamentale Bedeutung beim Sozialverhalten zu. Ermittelt wird er vermutlich, indem die Tiere die Schritte unter Berücksichtigung der jeweiligen Richtung "zählen". Die Forscher versuchen das zu überprüfen, indem sie die Ameisen auf einem glatten Untergrund laufen lassen, der eine andere Schrittlänge erfordert. Unklar sind auch noch die Mechanismen der neuronalen Verarbeitung. Es gibt indirekte Hinweise auf eine Beteiligung der Botenstoffe Serotonin und Octopamin.

Gegenwärtig lotet die Gruppe um Wehner aus, wie weit der Gehorsam der Wüstenameisen gegenüber den Anweisungen des Wegintegrators reicht. Dazu haben die Zoologen ein Versuchsprotokoll entworfen, das die Tiere durch geschickte Täuschung dazu bringen soll, den vermeintlichen Rückweg zum Nest gleich mehrmals in Folge zu laufen und so über das Ziel hinauszuschießen. Dann müßte sich zeigen, ob die Ameisen dem fiktiven Vektor blind vertrauen und zum Ausgleich irgendwann sogar die entgegengesetzte Richtung einschlagen.


Quelle: faz.net
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2004, Nr. 155 / Seite N2
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