Bastian79
kann uns vielleicht einer der Leute vom Fach, die sich hier ja tummeln sollen (*zu earlant schiel*), erläutern.
Das hatte ich gerade vor!
Zu Philsen schiel:
Ich hoffe, den Unterschied an zwei Beispielen erklären zu können.
Beispiel 1: Der Große Pandabär kommt nur noch in einem relativ kleinen Verbreitungsgebiet in China vor. Alle Tiere in den Zoos der Welt gehör(t)en dieser Population an, sind sich genetisch sehr ähnlich.
Ein Zoo, der das Glück hat, 3 oder 4 Tiere zu besitzen, die auch züchten können, muss damit rechnen, dass es sehr schnell zu Inzucht-Schäden kommt. Um dem vorzubeugen, werden Tiere zwischen den Zoos zeitweilig ausgeliehen, damit ein wenig mehr genetische Vielfalt erhalten bleibt.
Hier, und nur hier (!) macht die "Auszucht" Sinn!
2. Beispiel: In Deutschland gibt es noch ein paar Restpopulationen der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis). Dieselbe Art kommt auch z.B. in Marocco, Nordafrika vor. Dort ist sie an viel wärmeres Klima und mildere Winter angepasst als die in Deutschland.
Nun haben Händler massenhaft marokkanische E. orbicularis in Deutschland verkauft. Die Tiere wurden vielen Haltern zu groß oder zu langweilig. Man hat sie in die deutschen Gewässer ausgesetzt, auch in die mit echt einheimischen Schildkröten. Ergebnis der Verkreuzungen: Das an kaltes Klima angepasste Erbgut der heimischen Tiere wurde mit dem der Afriakner vermischt, die Bastarde waren weniger angepasst als ihre einheimischen Eltern. In einem ungewöhnlich kalten Winter starben nicht nur die reinrassigen Afrikaner, sondern auch ihre Bastard-Nachkommen, die ja auch die Nachkommen der einheimischen Tiere sein sollten!
So etwas schwächt die einheimischen Populationen, die ohnehin recht klein sind, so sehr, dass sie dem Aussterben wieder ein Stück näher gekommen sind.
Heute versucht man die deutschen Populationen biochemisch zu typisieren und die Afrikaner sowie die Bastarde herauszufangen. Das ist teuer und zumindest so lange nicht dauerhaft erfolgreich, wie immer wieder exotische Exemplare freigesetzt werden. Und es kostet viel Geld und Arbeit.
Hier wird das Verkreuzen gefährlich!
Ähnliches wie mit den Schildkröten kann auch mit "europäischen" Ameisenarten geschehen, wenn etwa Camponotus ligniperda (um nur EIN Beispiel zu nennen) aus dem relativ warmen Süddeutschland nach Finnland verkauft werden. Ein "glücklicher" Halter produziert nach 2-3 Jahren plötzlich 500 Männchen, die er "in die Freiheit entlässt". Zum rechten Zeitpunkt verpaaren die sich mit einheimischen Jungköniginnen derselben Art, die ja dort auch vorkommt. Der Nachwuchs ist weniger gut an das kalte Klima in Finnland angepasst. Mit "Glück" (oder in dem Fall auch Pech) vermehren sich die Bastarde über ein paar Jahre mit relativ warmen Wintern beträchtlich und infiltrieren das Genom der finnischen C. ligniperda. Das Ergebnis wird wiederum eine schlechtere Anpassung der Mischpopulation sein, und dann in einem Extremwinter ein heftiger Einbruch in der Population.
Kälteanpassung habe ich jetzt nur als
ein Beispiel genannt. Anpassungen an lokale Verhältnisse gibt es viele, an Nahrungsquellen, bevorzugte Nistgelegenheiten usw..
Hinzu kommt das Problem, dass
Ekto- und Endoparasiten einer Art nicht notwendigerweise in deren gesamtem Verbreitungsgebiet vorkommen. Verschleppung von Parasiten in eine an diese nicht angepasste Population kann ganz erhebliche Schäden anrichten: Die nordamerikanischen Indianer sind zu Millionen an Grippe und Erkältungserregern gestorben, die von europäischen Siedlern dorthin mitgebracht wurden. Diese Menschenpopulation war eben nicht über Jahrtausende an die Erreger angepasst! Solche Infektionskatastrophen kann man mit ein paar wenigen freigelassenen Individuen auslösen!
Das alles stand schon mal im alten "Ameisenforum" und steht in Bruchstücken auch noch in den "Infektionsthreads" mehrerer Foren.
mfG,
Earlant