Wichtig zu beachten beim Freilassen einer Kolonie

Archivbeitrage aus den Unterforen "Einsteigerfragen" und "Diskussion und Fragen allgemein" aus den Jahren 2003 bis 2008.

Wichtig zu beachten beim Freilassen einer Kolonie

Beitragvon Darkness » 4. Apr 2006 16:38

Hi und Hallo. :D

Ich wollte hier mal festhalten welche Punkte man beachten sollte sofern man Ameisen, die man gezüchtet hat, wieder in die Freiheit entlassen will.
Ich denke dieses Thema ist durchaus sinnvoll, da mancher sich mit der Zeit von seinen Ameisen trennt oder diese durch neue ersetzt.
Ich mache das nun auch schon seit ein paar Jährchen und wollte hier mal festhalten welche Punkte man hierbei beachten sollte.

1. Es ist nicht garantiert, dass alles Fehlerfrei ablaufen wird. Schliesslich kann immer etwas Unerwartetes passieren.

WICHTIG:

Bevor eine Art freigelassen wird, sollte man sich gut darüber Informieren, ob es für diese Art möglich ist sich bei dem in der Umgebung herrschenden Klima zu entwickeln und der Flora und Fauna nicht schadet.
Sehr hilfreich in diesem Punkt ist die von Antstore ausgestellte Risikoklassen Erklärung.
Ich nehme hier schon vorweg das es äusserst fahrlässig ist Exotische Tiere freizulassen. Nicht nur den Schaden den sie anrichten könnten sondern auch die Einsicht, dass sie an dem bei den Europäischen Bedingungen meist umkommen, sollte nochmals unterstrichen werden.

Sofern alle nötigen Informationen über die Art gesammelt wurden, sollte man sich einen geeigneten Platz suchen. Man muss natürlich beachten, dass ein grösseres Nest einen logischerweise grösseren Radius ihrer Jagdfläche aufweist.

Planung: Wenn man ein solches Unterfangen möglichst gut planen möchte, sollte das schon lange vor der Aussetzung der Tiere gemacht werden.


DER ABLAUF:


- Andere Arten

Um zu überprüfen ob sich in der Nähe eventuell andere Nester befinden, sollte man am besten eine Zeit wählen, in der der „Hochzeitsflug“ bei den meisten Heimischen Gattungen schon vollzogen wurde. Es sollte auch nicht zu spät sein, da die Ameisen sich sonst für die Winterruhe zurückziehen und die Nester nicht so gut überschaubar sind. Allerdings ist es nicht möglich von einer 100% Sicherheit auszugehen.
Ihr könnt auch mal süssen in die Nähe eures ausgewählten Ortes stellen um zu schauen wie weit andere Ameisenkolonien davon entfernt sind.


- Geeigneter Platz

Der geeignete Platz, oder auch Idealplatz, sollte den Bedingungen eurer Art entsprechen. Also nicht in unmittelbarer Nähe einer Strasse, zu nahe an einem Fluss der bei Unwetter steigen könnte usw.
Der Platz sollte auch der Art entsprechen einbezogen werden. Zum Beispiel Ameisen die in Wiesen leben, oder andere die Wälder vorziehen.
Es wäre überaus nützlich ihnen einen kleinen Unterschlupf anzufertigen, um ihnen schon mal einen Anhaltspunkt zu geben.
Sich versichern, dass auch der Untergrung gut zum Graben ist. Schliesslich ziehen ja Lasius flavus oder niger grosse und tiefe Nester vor.
Bei Myrmica rubra wiederum sind Steinplatten sehr gut geeignet.
In der Nähe der von euch gewählten Stelle, sollten
sich auch Möglichkeiten bieten, das genügend Nahrung in der Nähe anzutreffen ist.


- Zeitpunkt

Der Zeitpunkt spielt durchaus eine entscheidende Rolle.
Die Ameisen sollten nicht zu spät freigelassen werden, da sie sonst wenig Zeit haben sich auf den bevorstehenden Winter vorzubereiten.
Sehr gut wäre noch vor dem „Hochzeitsflug“, da sich sonst eventuell andere Arten an dem Platz niederlassen.


- Richtiges Füttern:

Man sollte auch darauf achten wie man Ameisen während der Pflege oder Aufzucht füttert.
Ein ausgewogener Futterplan ist hier sehr nützlich. Auch sollte das Futter nicht immer an den gleichen Ort oder unmittelbar vor das Nest platziert werden, schliesslich müssen sich die Ameisen ja später selbst zurechtfinden.
Ansonsten kann es vorkommen, dass sie nach der Freilassung immer noch warten, bis jemand ihnen Futter vorwirft.
Wie schon erwähnt sollten verschiedenste Arten von Futter Variationen gewählt werden, von denen sie zum Teil auch welches an ihrem späteren Ort antreffen.
Also nicht nur Früchte anbieten, die sie unmöglich wieder finden könnten, oder sie nur als Beispiel mit Heimchen zu füttern.
Auch andere Insekten sollten angeboten werden. Es schadet durchaus nicht auch ein paar zu verfüttern welche davor noch nicht vollständig getötet wurden.


- Richtige Umsetzung

Man sollte die Ameisen nicht einfach aus dem Formicarium auslehren. Es ist wichtig sehr vorsichtig zu handeln ohne, dass bei der Kolonie grosser Schaden aufkommt.
Wenn ihr sie beispielsweise in einem Ytong-Stein habt, solltet ihr diesen für die ersten paar tage bei dem neuen Nest liegen lassen.


- Kontrolle während den ersten Tagen

Die Ameisen sollten nach der Freilassung noch eine Zeit lang kontrolliert werden um sicher zu gehen, dass alles gut gegangen ist.



Falls ich noch ein paar wichtige Dinge vergessen hätte zu erwähnen, oder ihr bezüglich meines Berichtes noch offene Fragen habt, können diese Anschliessend hier behandelt werden. :grin:


Mit freundlichen Grüßen Darkness
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Beitragvon ryoba » 4. Apr 2006 19:17

Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen sollte noch erwähnt werden
daß dies natürlich nur für Selbstgefangene Ameisen gilt,
die dann auch wieder in der nähe ihres Fundortes freigelassen werden.
Wenn sich jemand "Einheimische" Lasius niger im Shop Berlin bestellt
und dann in München wieder freilassen will, dann ist davon dringend Abzuraten.
Stichwort: "Intraspezifische Homogenisierung"
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Beitragvon steven3000 » 4. Apr 2006 19:43

es ist sehr wichtig das ryoba darauf hingewiesen hat!
mehr info findet man hier : Hyperlinks sind nur für registrierte Nutzer sichtbar unter "Intraspezifische Homogenisierung" – ein übersehenes Risiko
grüsse

steven
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Beitragvon Darkness » 4. Apr 2006 20:19

@ ryoba

Danke für deinen Einwand, der durchaus berechtigt ist.

Deine Anmerkung, Zitat:"...... daß dies natürlich nur für Selbstgefangene Ameisen gilt,
die dann auch wieder in der nähe ihres Fundortes freigelassen werden"

Insofern stimmt das mit den Selbstgefangenen Ameisen durchaus, möchte hier aber noch beifügen das ein solches Vorgehen bei eingefangenen Königinnen nach dem "Hochzeitsflug" deutlich erschwert wird.
Es stand ja das Gefahr bestehen könnte auf "Intraspezifische Homogenisierung" sofern man sie an einen hinreichend entfernten Ort bringt. Natürlich sind solche Ortsabstände nicht definierbar und ein Risiko kann nie ganz ausgeschlossen werden.
Ausserdem denke ich, dass sich viele Ameisenarten zum Teil wegen der Erderwärmung weiter ausbreiten und dieses Konzept damit etwas unschlüssig werden lassen.

Ich wäre erfreut darüber, wenn sich andere über diesen Punkt äussern könnten welche auch schon Ameisen freigesetzt haben, oder dieses Problem richtig einstufen beziehungsweise erläutern können. :D

@ steven3000

Danke für deine Ergänzung. Habe die Seite schon davor zur Kenntniss genommen. :grin:


Mfg Darkness
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Beitragvon ryoba » 5. Apr 2006 01:37

@Darkness

Deine Anmerkung, Zitat:"...... daß dies natürlich nur für Selbstgefangene Ameisen gilt,
die dann auch wieder in der nähe ihres Fundortes freigelassen werden"

Insofern stimmt das mit den Selbstgefangenen Ameisen durchaus, möchte hier aber noch beifügen das ein solches Vorgehen bei eingefangenen Königinnen nach dem "Hochzeitsflug" deutlich erschwert wird.
Es stand ja das Gefahr bestehen könnte auf "Intraspezifische Homogenisierung" sofern man sie an einen hinreichend entfernten Ort bringt. Natürlich sind solche Ortsabstände nicht definierbar und ein Risiko kann nie ganz ausgeschlossen werden.


Ich glaub da hast du mich falsch verstanden. Mit Fundort meine ich natürlich den Ort wo man die Begattete Königin nach dem Schwarmflug findet, und nicht den Ort des Nestes von wo sie Gestartet ist.
Sie vor dem Hochzeitsflug einzufangen wäre ja auch Blödsinn.
Wie weit sie sich von ihrem Ursprungsnest entfernt hat spielt ja dann auch keine Rolle, weil da wo sie von selbst hingekommen ist, da kann man sie auch wieder aussetzen.
Welche Entfernung eine Jungkönigin nun tatsächlich während bzw nach dem Hochzeitsflug max. zurücklegen kann, würde mich auch interessieren.
Vielleicht hat ja jemand Infos dazu.

Ausserdem denke ich, dass sich viele Ameisenarten zum Teil wegen der Erderwärmung weiter ausbreiten und dieses Konzept damit etwas unschlüssig werden lassen.


Da bin ich anderer Meinung.
Ich denke daß es durchaus einen Unterschied macht ob sich eine Spezies
wegen Klimaveränderungen, über mehrere Generationen hinweg ausbreitet, oder ob eine Königin, von einem Tag auf den anderen, mit der
Post quer durch Europa geschickt wird, und sich dann mit der dortigen Population vermischt.

@ steven3000

Danke für deine Ergänzung. Habe die Seite schon davor zur Kenntniss genommen.



Nicht zur Kenntniss nehmen, sondern lesen! (kleiner Spass :grin: )

Abschließend möchte ich noch sagen daß ich es durchaus eine gute Idee finde, eine selbst aufgezogene Kolonie wieder in die Freiheit zu entlassen.
Ich habe selbst noch 2 Jungkolonien Lasius sp. die mir letzten Sommer durchs offene Fenster direkt auf den Schreibtisch geflogen sind, und sich vor meinen Augen die Flügel abgebissen haben.
Die wußten wohl daß sie es gut bei mir haben würden. :teeth:
Mal Gucken ob in meiner Nähe noch ein schattigs Platzl frei ist.

Gruß,
ryoba
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Beitragvon Darkness » 5. Apr 2006 12:40

@ ryoba

Zitat: "Ich glaub da hast du mich falsch verstanden. Mit Fundort meine ich natürlich den Ort wo man die Begattete Königin nach dem Schwarmflug findet, und nicht den Ort des Nestes von wo sie Gestartet ist."

Nein, ich habe dich schon richtig verstanden, hatte gemeint es könnte durchaus Problematischer werden sofern eine Königin einen ziemlich langen Hochzeitsflug hinter sich hat. Man weiss ja wirklich nicht wie weit diese Tiere kommen, wie du ja auch gesagt hast. :?

Zitat: "Sie vor dem Hochzeitsflug einzufangen wäre ja auch Blödsinn."

Ja, ist mir auch klar.
Zitat von mir: "eingefangenen Königinnen nach dem "Hochzeitsflug" deutlich erschwert wird."
Betonung auf "nach". :D

Zitat: "Wie weit sie sich von ihrem Ursprungsnest entfernt hat spielt ja dann auch keine Rolle, weil da wo sie von selbst hingekommen ist, da kann man sie auch wieder aussetzen.

Ja, damit hast du mein Argument ausser Kraft gesetzt. :wink:
Aber es ist ja klar, das wenn ich meine Ameisen beispielsweise vor dem Haus aufsammle, sie sicherlich ohne Probleme auch in einem Radius von 2-3 Kilometer freilassen kann.

In dem Punkt mit der Ausbreitung hast du schon Recht, ist natürlich ein etwas extremerer Fall. Ich bleibe aber noch etwas an meiner Theorie haften, auch wenn sie natürlich nicht so ein klar widerlegbares Beispiel bietet. Diese Theorie würde sowieso nicht von heute auf morgen, sondern über einen längeren Prozess hinweg ablaufen.

Tja, dann viel Spass beim Platzl suchen. :grin:

Mfg Darkness
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