Ich möchte hier einmal auf die Ameisenanfänger eingehen, die sich beim Ersten Versuch keine Ameisen kaufen möchten, vielleicht weil sie zu jung sind, vielleicht weil sie sich eine Investition sparen wollen, bevor sie Erfahrung haben oder aus anderen Gründen.
Diese angehenden Halter sind darauf angewiesen, Ameisen von quasi vor der Haustüre zu fangen.
Hierbei stehen meist drei einfache Alternativen zur Auswahl:
Lasius niger oder nah verwandte Arten,
Lasius flavus oder nah verwandte Arten,
Myrmica sp..
Je nach der Umgebung, in der man lebt, kommen die jeweiligen Arten unterschiedlich häufig vor, der eher trockene urbane Lebensraum wird meist von Lasius dominiert, feuchtere Wälder und Wiesen bieten Myrmicas einen guten Lebensraum - Ausnahmen und Variationen bestätigen hier die Regel!
Für den Anfang hat der angehende Halter nun zwei Möglichkeiten,
-er kann beim Hochzeitsflug eine oder mehrere Gründerinnen fangen und eine Kolonie gründen,
-oder er gräbt eine Kolonie aus, das geht jedoch nur ansatzweise bei polygynen Kolonien, also Arten und Gattungen, die mehrere Königinnen in der Kolonie dulden.
Ich möchte hier von dieser Methode des Ausgrabens abraten, da man damit erstens eine Kolonie stark schädigen kann und zweitens eine große Gefahr von Parasiten ausgeht, einzelne Königinnen beim Hochzeitsflug dagegen kann man noch zur Not überprüfen und einzelne Königinnen auswählen, so dass die Gefahr minimal ist!
Zur Gefahr durch Parasiten aus wilden Kolonien könnt ihr hier einige schöne Bilder finden:
viewtopic.php?f=7&t=14496&start=15
Also ist es moralisch und technisch besser vertretbar, mit einer Gründerin anzufangen (oder bei einer polygynen Art eben mit mehreren)!
Doch jetzt kommt für den unerfahrenen Halter gleich die nächste Hürde:
draußen laufen viele viele Ameisen täglich herum, die einfach nur Arbeiterinnen sind, woher soll man wissen, was hier die Königinnen sind?
Bei den meißten Lasius-Arten ist das recht leicht, die Königinnen sind hier recht korpulent und etwa einen cm lang, während die Arbeiterinnen nur halb so lang sind und auch recht schmächtig, wenn einem beim Hochzeitsflug eines dieser Monstren über den Weg läuft, weiß man es normalerweise auch ohne viel Erfahrung!
Schwieriger wird es bei Tieren mit geringeren Kastenunterschieden wie Myrmica sp. da ist die Königin nur geringfügig größer als die Arbeiterinnen und auch sonst ziemlich ähnlich...
Hier (wie auch bei anderen einheimischen Ameisenarten) kann man sich eines Tricks bedienen: Königinnen müssen im Gegensatz zu Arbeiterinnen fliegen können beim Hochzeitsflug, dafür brauchen sie Flugmuskulatur, da diese im Thorax anzutreffen ist, also dem Teil zwischen Hinterleib und Kopf, da wo die Beine dran sind, haben Königinnen praktisch immer einen mehr oder minder ausgeprägten Buckel, den "königlichen Buckel"!
Daran kann man sie erkennen!
Um Beispiele anzuführen, schaut euch mal die Bilder eins bis vier an, auf Bild eins ist eine Lasius sp. Königin zu sehen, ganz deutlich ausgeprägt ist hier der Buckel, Bild zwei zeigt Lasius Arbeiterinnen, kein Buckel, "eine schlanke Linie",
Bild drei zeigt eine Myrmica sp. Königin, auf Bild vier mit Arbeiterin, man sieht der Unterschied ist gering, dennoch ist sie ganz klar an ihrem Buckel zu erkennen!
Was noch auffällt: die Königinnen haben gar keine Flügel mehr!
Diese brechen sie meist nach erfolgreicher Begattung ab, hat eine Königin keine Flügel mehr, stehen die Chancen gut, dass sie begattet wurde und man mit ihr gründen kann!
Gut, nun gesetzt dem Falle, euch ist nun eine mutmaßlich begattete Königin über den Weg gelaufen, was ist nun zu tun?
Zunächst einmal Vorsicht!
Wenn ihr die Königinnen in Reagenzgläsern transportiert, haltet euch nicht zu lange auf bringt sie so schnell wie möglich in ihre neuen Nester, Hitze, Trockenheit und Stress können den Tieren während des Transports schwer zusetzen, Lasius Königinnen versprühen bisweilen so viel Säure, dass sie sich selbst verätzen...
Als neues Nest wählt ihr am Besten ein Reagenzglas mit Wassertank, schaut mal ins Forum, da findet ihr viele Anleitungen, eigentlich handelt es sich dabei nur um ein Reagenzglas, in das man etwa zur Hälfte Wasser füllt, dann Watte hineintut, damit dieses Wasser auch möglichst hinten im RG bleibt und schließlich verschließt man das ganze am offenen Ende mit Watte, damit niemand abhaut.
Ich persönlich breche manchmal auch den Hinteren Teil des RGs raus, damit ich dort einen Docht (z.B. Zewa Wisch und Weg) rausleiten kann, um das Nest extern zu befeuchten, ihr müsst das natürlich nicht so machen, aber auf den nächsten Bildern könnt ihr es sehen, Bild fünf zeigt eine Lasius sp. Königin bei der Gründung, Bild sechs zeigt die Apparatur für Myrmica sp..
Wie kommt es denn nun zu diesen unterschiedlichen Apparaturen?
Was auffält ist, dass die Lasius Königin einfach ein einem RG eingeschlossen ist, das kommt daher, dass sie claustral gründet,
ihr reichen die Fettreserven in ihrem Körper und die nun überflüssige Flugmuskulatur, um sich damit nicht nur selbst zu versorgen, sondern auch den ersten Schwung Arbeiterinnen aufzuziehen.
Ihr müsst sie nicht füttern in dieser Zeit und solltet es auch nicht tun, da das sonst schnell anfängt zu schimmeln, bereitet einfach ihr RG vor und verschließt es bis die ersten Arbeiterinnen da sind!
Bei der Myrmica-Königin habe ich dagegen noch eine Arena angeschlossen, denn sie gründet semiclaustral,
was bedeutet, dass sie nicht genug Reserven für eine claustrale Gründung hat und somit immer wieder aus dem Nest raus muss, um Futter zu sammeln, daher biete ich in der Arena Honigwasser und Insekten an (diese Königin wurde gepusht, es wurde ihr eine Puppe hinzugegeben, dazu aber erst am Schluss was, im Link könnt ihr damit verbundene Probleme sehen).
Letztere Gründung ist eher etwas, wenn man ohnehin eine größere Kolonie nebenher hat, so dass man quasi bei der Futterbereitung einfach einen Bruchteil abzweigt für die Gründerin, so kann man das etwas ökonomischer gestalten und vergisst nicht einfach mal zu füttern, da man die größere Kolonie jeden Tag füttern muss...
Man sieht also: es ist sehr viel leichter, mit Lasius zu gründen, als mit Myrmica,
dagegen sind Myrmica zumindest meiner Meinung nach viel schönere Tiere, aber es gibt noch weitere Vorteile, mit Lasius zu gründen:
Bild sieben zeigt einen Eierhaufen einer Lasius Königin,
Bild acht bis zehn dagegen zeigt den langsam wachsenden Eierhaufen einer Myrmica Gründerin,
es fällt ganz deutlich der Mengenunterschied ins Auge, die Lasius Königin ist einfach wesentlich größer als ihre Arbeiterinnen und kann als monogyne Königin (eine Königin pro Kolonie) einfach wesentlich mehr Eier legen, als die verhältnismäßig kleine Myrmica Königin - und sie ist noch nicht einmal in Höchstform, das kommt erst ab einer gewissen Koloniegröße und ausreichender Nahrungszufuhr!
Myrmicas gleichen das durch mehr Königinnen pro Kolonie aus, aber man kann sich vorstellen, dass da einiges nötig ist, um das zu erreichen!
Für den Anfang würde ich persönlich also zu einer Lasius sp. Gründerin raten, sie kommen häufig vor, sind beim Hochzeitsflug leichter zu finden durch ihre Größe und gründen einfacher, andere Halter mögen da andere Schlüsse ziehen...
Zur Gründung gibt es nun nicht mehr viel zu sagen, außer vielleicht, dass es bei monogynen Gründerinnen noch eine Besonderheit gibt:
wir haben ja schon gelernt, dass monogyne Arten nur eine Königin pro Kolonie haben sollten und polygyne Kolonien durchaus mehrere Königinnen enthalten können, günstigerweise sollte man also von monogynen Arten nur eine Königin pro RG gründen lassen, bei polygynen Kolonien können es dagegen (falls man mehrere findet) mehrere sein,
es gibt jedoch noch die Pleometrose, dabei gründen mehrere eigentlich monogyne Königinnen gemeinsam eine Kolonie, später kommt es dann oft zu Kämpfen zwischen den Königinnen oder sie separieren sich in verschiedene Kolonien, wobei der Zeitpunkt dieser Kämpfe oder des Auseinandergehens unterschiedlich sein kann, außerdem gibt es wohl Arten wo mehrere Königinnen durchaus lange zusammenleben und sich vertragen wie Lasius flavus.
Auf Bild 11 könnt ihre diese in einer Pleometrose gründen sehen.
Wenn ihr also schon viele Königinnen gefangen und in EinzelRGs gesteckt habt, könnt ihr durchaus mal eine Pleometrose versuchen, es ist auf jeden Fall interessant, zu sehen wie sich manchmal Pulks bilden, manchmal Gruppen und auch Außenseiter, die Tiere reagieren da recht unterschiedlich!
Viel Spaß bei der Gründung und dem Beginn der Ameisenhaltung!



