von baumarkthammer » 8. Sep 2015 00:30
Es kommt auf einige Faktoren an. Über Jahre werden die Tiere das wohl schlecht wegstecken.
Habe nebenbei erwähnt mal bei der Untersuchung eines Botanischen Gartens einige Lasius plathythorax Kolonien gefunden, die in einem Afrika nachempfundenem Gewächshaus gelebt haben. Die Kolonien waren stark verkümmert, es war keine Brut zu finden und die Arbeiterinnen haben nicht furagiert. Die Untersuchung fand im Winter statt und die Temperatur betrug etwa 22°C in Gewächshaus.
In einer klinischen Haltung, könnte ich mir eine Haltung ohne Winterruhe eher vorstellen. Dabei kann man die Parameter sehr unnatürlich gestalten und die Tiere wohl auch zwingen lange ohne Winterruhe zu bleiben. Aber es wird nicht gesund sein und die Kolonie wird sich wohl merklich schlechter vermehren denke ich.
Dazu muss man verstehen, dass die Winterruhe bei europäischen Tieren in großem Maße auch den Legezyklus der Königin diktiert. Das entstehen von Geschlechtstieren ist etwa in großem Maße von diesem Faktor abhängig.
Die besten Beispiele hierfür sind etwa Formica Arten, welche komplett ohne Brut überwintern und Lasius brunneus die als Hausgäste leben. Bei hausbewohnenden Lasius brunneus erfolgt der Schwarmflug teils Monate vor dem im Freien und die Winterruhe ist nur verkürzt. Im Winter gibt es bei den Kolonien übrigens trotz passender Parameter keine Aktivität außerhalb des Nestes (zumindest bei allen entsprechenden Kolonien die ich kenne) und somit ist davon auszugehen, dass auch im Nest nicht alles seine Richtigkeit hat.
Es ist auch keine Kleinigkeit für die Brut der Ameisen oder die Ameisen selber in Winterruhe zu gehen. Larven geben dazu die meiste Flüssigkeit ab und verschrumpeln um frostresistenter zu sein. Mitteleuropäische Camponotus Arten können dann eine erstaunliche Temperatur aushalten.
Du siehst also, dass es nicht ganz unproblematisch ist eine Kolonie durch zu pflegen.
Es gibt, das muss man dieser Stelle erwähnt werden, Arten bei denen dies unproblematisch ist. Etwa Myrmica rubra wurden schon Jahre ohne Winterruhe gehalten und die Kolonien sind nicht eingegangen. Allerdings sind dies häufig nicht die Arten, bei denen man dies erwartet! Etwa Pheidole pallidula hört irgendwann einfach mit der Burtaufzucht auf und geht also auch irgendwann ein.
Und die angefragte Lasius niger ist ebenfalls ein Streitfall. Es wird grundsätzlich gesagt, dass Lasius niger zu den Arten gehört, die man garnicht ohne Winterruhe halten kann. Es gibt einige Berichte darüber in den Foren und es kommen alle Jahre wieder neue. Mit besonders großen Kolonien wurde das glaube ich aber noch nie gemacht, lediglich mit überschaubaren Kolonien von wenigen Arbeiterinnen, die im Monat vielleicht sowieso nur 5-10 neue Arbeiterinnen hervorbringen. In großen Kolonien von 10-20.000 Tieren wird die Sache deutlich anders aussehen und schon bei mittleren Kolonien von 500 Tieren vermute ich.
Soweit zumindest meine Erfahrung, ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren!
Bei Ameisen gibt es wie bei allen anderen Tieren auch eine mikrobiologische Ebene, die uns in der Haltung leider unerreichbar ist (außer ein Halter ist zufällig auch Mikrobiologe). Was hormonell bei Ameisen passiert, wie die symbiotischen Bakterien der Ameisen reagieren wenn lange Zeit so ein Zyklus anders ist? Welcher Halter kann das schon sagen. Selbst die Wissenschaft fängt gerade erst an sich damit zu beschäftigen (habe selber Harpegnathos saltator Specimen gestiftet für eine Untersuchung der Darmfauna).
MIt freundlichen Grüßen
Kaj