Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Hier kann diskutiert und gefragt werden.

Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Skia » 16. Okt 2010 20:41

Vorab: wusste nicht, ob ich den Beitrag hier reinstellen sollte oder lieber in den Berichteteil. Falls er hier falsch ist, bitte verschieben.

Nachfolgend die bislang wohl größte Flop-Aktion in meiner Ameisenhaltung. Ich hoffe, dass die Beschreibung anderen hilft, meine Fehler zu vermeiden.

Die Hauptakteure:
- 1 2-jährige Kolonie Lasius niger, Volksstärke „viele“ :D
- 1 Erdfarm, über einen Schlauch mit einer kleinen Arena verbunden (darin die Kolonie)
- 1 Kühlschrank
- 1 scharz(!)maromorierte Tischplatte
- 1 Plastiktrichter
- 1 selbstgebastelter Papiertrichter
- etwas Öl
- diverse Schlauchstücke
- Ich

Vorgeschichte: Die Kolonie befand sich rund 1 Woche in meinem Keller als Vorbereitung auf die Winterruhe. Anfang der Woche wanderte sie in meinen Kühlschrank. Da die Ameisen sich nicht, wie geplant, in die Farm zurückgezogen hatten, sondern munter im Schlauch und der Arena herumgkrabbelten steckte ich beides mit rein, in der Hoffnung, dass sie schon reingehen werden. Leider gewann der Schlauch immer mehr an Aktrativität (vielleicht auch, weil die Farm wahrscheinlich a bissl überwässert ist und/oder der Kühlschrank gleichmäßig dunkel). Nun hätte ich zum einen gern den Platz im Schrank. Zum anderen macht der Schlauch aus Platzmangel einen so engen Knick, dass die eh nicht so tolle Belüftung noch mieser ist. Auch fragte ich mich, wie dass dann gehen soll, wenn mit wachsender Koloniestärke dann mal mehr Becken in den Kühlschrank müssen (Platz). Nach dem Motto „das muss auch anders gehen“ daher

Der Plan: Alles nochmals raus aus dem Kühlschrank. Durch die Erschütterung bzw. das Licht, laufen die Ameisen aus dem Schlauch in die Farm. Dann einfach die Tiere in der Arena raussammeln, über den Schlauch ebenfalls in die Farm die Farm scheuchen, alles abkoppeln und Farm mit einem Wattepropf verschließen. Zeitansatz: ca. 15 Minuten
Ergänzend muss ich vielleicht noch sagen, dass der Kühlschrank auf ca. 10 Grad eingestellt war, also noch nicht richtig kalt und dass die Ameisen meinen Ausbruchschutz in der Farm schon früh ausgehebelt haben. Die Öl/Vaselineschicht ist komplett mit Sand beklebt, der Sand ist an einer Stelle auch bis zur Decke aufgeschichtet. In dem „Hügel“ befinden sich ebenfalls Gänge und Kammern.

Die Realität bzw. das Fiasko: Durch das Heraussnehmen aus dem Kühlschrank sah sich ein ganzer Trupp veranlasst, aus der Farm in Schlauch zu stürmen. Also Trichter aus dem Schrank, oben auf die Schnelle Salatöl rum, unten Watte rein rein. Schlauch von Farm abgekoppelt, Farmeingang verstopft. Tiere aus Schlauch in Trichter geschüttelt, aus Arena eingesammelt + dazu. Festgestellt, dass Ölrand nicht funktioniert und es (zumindest mir) nicht möglich ist, mit der linken Rand einen Trichter geradezuhalten und mit der rechten Hand und der Pinzette Ameisen einzufangen, die rund um Steine und Zietzen und an der Pinzette hoch und runter sausen um zusammen mit den Füchtlingen die Tischplatte anzupeilen. Also rumstehende Apfelsaftflasche aufgemacht, Trichter reingestellt, aus Nebenzimmer Paraffin geholt und damit den Rand eingeschmiert. Die schwarze Tischplatte verflucht und wie wild gesammelt. Irgendwann war alles halbwegs beisammen.

Nun kürzeres Schlauchstück gezogen, an Farm angeschlossen, um Ameisen vom Trichter in den Schlauch zu verfrachten. Festgestellt dass Schlauch für Trichter um knapp 1mm zu klein ist. Also Watte ins Schlauchende gestopft, aus Papierstück schmalen Trichter geformt, um den Plastiktrichter mit dem Schlauch zu verbinden. Ausreiser in den Plastiktrichter zurückbugsiert. Plastiktrichter über Papiertrichter an Schlauch angeschlossen. Festgestellt, dass Papiert undicht, Ameisen statt runter in den Schlauch aus der Farm nach oben laufen. Schnell alles rückgängig gemacht.

Da stand ich nun da, mit einem Trichter voller Ameisen, die es trotz Paraffin immer wieder schafften, sich vom Acker zu machen und einem kurzen Schlauchstück mit Wattepropfen, ebenfalls voller Ameisen. Nicht zu vergessen, die Truppe auf dem Tisch. Ein kurzer Blick von oben in die Farm zeigte eine lauernde Horde, die schon begann die Fühler zu strecken. Also schnell Deckel wieder drauf und Plan gestrichen, die Ameisen direkt da rein zu setzen. Ausreiser vom Tisch gesammelt.

Neuer Plan: Ameisen vom Trichter ins kurze Schlauchstück setzen, dann den Schlauch an die Farm hängen und mit Watte zu schließen. Also Trichter diesmal mit der hohlen Hand mit dem Schlauch verbunden und versucht Ameisen nach unten zu befördern. Am effektivsten erwies sich noch das Schieben mit dem hinteren Pinzettenende. Blasen pustete die Ameisen eher raus. Als Trichter leer, Daumen drauf auf den Schlauch. Heerschar der Flüchtigen begutachtet. Zum wiederholten Mal den schwarzen Tisch verflucht. Versucht, durch permanentes Schütteln, die Ameisen vom Daumen abzuhalten, gleichzeitig mit der anderen Hand Ameisen vom Tisch, dem Boden und den Wandfliesen gesammelt. Mit der Zeit verbesserte sich meine Technik, Ameisen schneller in den Schlauch zu füllen, als diese wieder rausquellen.

Irgendwann war’s dann endlich soweit, der Schlauch landete an der Farm und die Farm wieder im Kühlschrank. Interessanterweise zeigte mir ein Blick in die Farm kammerweise „schlafende“ oder sehr träge Tiere. Meine „Hektiker“ waren eindeutig in der Minderheit.

Ergebnis nach ca. 1 Stunde:
- Farm immer noch mit abgeknicktem Schlauch im Kühlschrank, wenn auch dieser immerhin kürzer
- Rund 20 tote Ameisen, davon etwa die Hälfte bei der „Sammelaktion“, der Rest durch Daumendruck, da er erst später auftauchte und ich keine Chance sah, die in die Farm zu kriegen, ohne ein neues Chaos auszulösen
- Hoffnung, dass sich die vielzitierte Robustheit von Lasius niger bewahrheitet und die Kolonie trotz feuchter Farm, Stress und Energieverbrauch gut über den Winter kommt :?

Gruß

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Re: Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Erne » 16. Okt 2010 21:30

"Ohje", da ist ja richtig was zusammen gekommen.
Freut mich nachzulesen was so passieren kann wenn es darum geht eine größeres Volk ins Winterquartier zu verfrachten.
Oftmals ist in den Foren lapidar zu lesen, einfach den Nestblock aus der Anlage zu nehmen und in den Kühlschrank stellen.
Wie bei Dir zu lesen, funktioniert das nicht einmal mit einer Farm.
Prima das mal Jemand schreibt, das Ameisen nicht auf Geheiß zur Winterruhe ins Nest ziehen.
Das sie sich auch noch bei tieferen Temperaturen an Orten aufhalten die nicht mit ins Winterquartier können oder sollen.
Prima gelungene Darstellung.

Grüße
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Re: Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Markus » 17. Okt 2010 02:24

Zumindest mir fällt das nicht so schwer, das mag allerdings auch daran liegen, dass ich sehr modular eingerichtet bin und einen Exhuster habe, den man an praktisch jedes Modul anschließen kann... und bei mittlerweile 13-14°C in meinem Zimmer regt sich bei den kleinen Scheißerlein auch nicht viel! :grin:

Aber viel Glück wünsche ich dir weiterhin natürlich trotzdem, wenn die Kolonie groß ist, kann sie ja immerhin Verluste kompensieren und im nächsten Jahr ersetzen...
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Re: Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Bloodyfist » 17. Okt 2010 11:31

gut das ich meine auch immer im schlafzimmer vorwintere ;)

Bei Mommentanen 17 Grad werden meine Myrmica rubra ja regelrecht faul träge oder besser Inaktiv.

Da ich Singel bin hat sich das Platzproblem in meinem Kühlschrank auch vorerst erlädigt ;)
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Re: Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Skia » 17. Okt 2010 20:38

Single bin ich auch, nur ist mein Kühlschrank daher (und aus Platzgründen) ein schmales Singlemodell..... Letztes Jahr war das alles auch kein Problem. Gut da waren sie noch im RG, hatten sich aber nach meinen Aufzeichnungen bereits in der "Vorwinterruhe" schön brav verklumpt.

Vielleicht lag's ja auch am Keller. Letztes Jahr waren sie am Balkon, nur der steht heuer leider nicht zur Verfügung, da es die sanierende Baufirma bis heute nicht geschafft hat, die Dinger wieder anzubringen. Nach der ursprünglichen Planung sollte seit 4 Wochen alles fertig sein. :(

Werde ich dann nächsten Herbst ja erleben, wenn die Kolo das alles übersteht.

Gruß

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Re: Geschichte einer Einwinterung od. Wie es nicht laufen sollte

Beitragvon Bloodyfist » 17. Okt 2010 21:36

Drücke dir die Daumen das sie es Überstehen ^^

Nächstes Jahr muss ich mir wohl auch Gedanken machen über eine neue Überwinterungs Möglichkeit

Gruß
Manuel
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