Milbenbefall – was kann man tun?

Hier können wissenschaftliche Informationen zu Ameisen eingetragen werden.

Milbenbefall – was kann man tun?

Beitragvon Stefan_K » 18. Aug 2007 15:01

Achtung: Bei Fragen und Anregungen: bitte einen Extra Thread aufmachen und nicht hier hinein antworten und die Übersichtlichkeit zu wahren. Ich versuche, ähnlich wie in einem Haltungsbericht, von Zeit zu Zeit neue Erkenntnisse zum Thema hier hinzuzufügen.

Für Diskussionen und Fragen bitte hier klicken.

Ich bitte eventuelle Tippfehler zu entschuldigen.

Milbenbefall – was kann man tun?

Eine Ameisenkolonie ist von Milben befallen – ‚die‘ Horrorvorstellung eines jeden ernsthaften Ameisenhalters. Oft liest man, dass ein Milbenbefall dem Ende der Kolonie gleich kommt – entweder kommt es von alleine zu eben diesem Ende, oder ‚Experten‘ raten einem in diversen Internetforen die Kolonie durch Übergießen mit kochendem Wasser zu vernichten. Ich habe mich in den Jahren als Ameisenhalter weder mit der ersten, noch mit der zweiten Option zufrieden geben wollen, und einiges versucht, Milbenbefall zu verhindern bzw. bereits befallene Kolonien von den Milben wieder zu befreien. Über meine Versuche und die daraus resultierenden Erkenntnisse möchte ich berichten; wirklich Hilfe findet ein Milben-geplagter Ameisenhalter im Internet, wie oben erwähnt, leider kaum.

Was ich hier nicht tun werde und kann, ist: eine Garantie für den Erfolg der nun folgenden Bekämpfungsmethoden zu geben. Laut Wikipedia (siehe Hyperlinks sind nur für registrierte Nutzer sichtbar) gibt es ca. 50.000 Arten von Milben in 546 Familien. Aufgrund der Fülle verschiedener Milbenarten ist es so gut wie unmöglich ein umfassendes Rezept für deren Bekämpfung zu präsentieren. Dies wird also hier nicht geschehen. Auch kann ich nicht garantieren, dass die im Folgenden beschriebenen Methoden nicht eventuell auch negative Auswirkungen auf die befallenen Ameisen haben. Nehmt das Folgende zur Kenntniss, prüft es, macht eigene Tests, aber klagt mich nicht an, sollte etwas schief gehen, bzw. den gewünschten Erfolg nicht zeigen.

In den letzten Jahren hatte ich immer wieder einmal mit Milbenbefall bei meinen Ameisenvölkern zu tun. Wie genau es zu dem Befall kam ist mir in allen Fällen unklar. Der übliche ‚Infektionsweg‘ durch ‚milbenverseuchtes‘ Futter kann in allen meinen Fällen mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, da alle meine Kolonien mit demselben Futter versorgt werden, und nur einige Kolonien von Milben befallen wurden. Die Herkunft der Milben ist mir also ein Rätsel – ich vermute, dass entweder durch die Formicarien-Ausstattung (Sand, Y-Tong und dergleichen) die Milben eingeschleppt wurden, oder die Kolonien von vorneherein bereits einen Milbenbefall aufwiesen bevor sie bei mir ‚einzogen‘. Auch einige Kolonien die ausschließlich mit abgekochtem Futter versorgt wurden wiesen früher oder später Milbenbefall auf.

Nun muss ich etwas relativieren. Im vorherigen sprach ich allgemein von Milbenbefall. Nun ist Milbenbefall nicht gleich Milbenbefall. Milben können in großer Anzahl im Formicarium auftreten, ohne dass sie Ameisen oder deren Brut befallen. Sie können auch ‚in freundlicher Absicht‘ auf Ameisen auftreten ohne dass die Ameisen bzw. deren Brut geschädigt werden. Sie können aber auch, und dass ist die Angst aller Ameisenhalter, auf Ameisen und deren Brut auftreten, diese ‚ansaugen‘, und letztendlich töten. Ich bin zu wenig Biologe um genau zu erklären wie letztere Milben Ameisen schädigen – im Prinzip ist das auch nicht besonders wichtig, wie ich finde. Nur: befinden sich im Formicarium Milben, und steigt die Todesrate unter den Ameisen nach dem Milbenbefall an, dann gilt es entsprechende ‚Abwehrmaßnahmen‘ zu ergreifen, wenn man die Kolonie nicht ihrem Schicksal überlassen will, was ein teurer Spaß sein kann, bei Preisen von bis zu mehreren Hundert Euro für eine Kolonie exotischer Hausgenossen.

Bekämpfungs-Methoden die ich nicht getestet habe:

Hier sind vor allem ein Milbenbekämpfungsmittel aus der Terraristik zu erwähnen. Nachteil dieser Mittel: fast immer sind sie nicht nur für Milben, sondern auch für Ameisen tödlich. Aufgrund oft fehlender Inhaltsstofflisten habe ich diese Mittel nicht beachtet.

Meine getesteten Bekämpfungs-Methoden:

1.) Verdünnte Ameisensäure, bzw. deren Dämpfe
2.) Verdünnte Molke
3.) Anisöl, bzw. andere ätherische Öle
4.) Mechanische Reinigung

Zu 1.) Verdünnte Ameisensäure

Auf die Idee Milben mit Ameisensäure zu bekämpfen kam ich bei der Recherche im Internet. Honigbienenvölker, die von der Varroa-Milbe befallen sind, werden mit Ameisensäure behandelt – angeblich mit guten Erfolgen. Ein Versuch sei es wert, dachte ich mir und besorget Ameisensäure in der Apotheke. Der Erfolg war durchaus gut. Einige Tiere meiner Pachycondyla kruegeri Kolonie waren von Milben befallen und dienten als Versuchsameisen.

Ich verdünnte die Ameisensäure auf 70% herunter, tränkte einen Wattebausch mit der Säure, gab eine befallene Ameise in ein hohes Bierglas und hielt den mit Ameisensäure getränkten Wattebausch mit einer Pinzette in das Bierglas. Da die Dämpfe der Säure schwerer als Luft sind, fallen sie im Bierglas nach unten und sammeln sich dort. Nach wenigen Augenblicken konnte ich beobachten, dass sämtliche Milben die Ameise fluchtartig verließen und auf dem Boden des Bierglases umherliefen. Der Ameise gefielen die Säuredämpfe auf Dauer auch nicht; auch sie lief aufgeregt im Glas umher. Nachdem alle Milben die Ameise verlassen hatte, entfernte ich die Ameise aus dem Bierglas und säuberte es mit fast kochendem Wasser. Eine Untersuchung der Ameise unter dem Binokular ergab, dass keine einzige Milbe mehr auf der Ameise saß. Behandlung erfolgreich – Patient lebt.

Diese Behandlungsmethode ist relativ aufwändig – je nach Koloniegröße. Anwenden würde ich sie nur bei relativ großen Ameisenarten, da nur bei solchen eine Untersuchung mit Pinzette unter dem Binokular möglich ist. Kleinere Arten sind wesentlich schwerer zu ‚bearbeiten‘.

Außerdem möchte ich nachdrücklich darauf hinweisen, dass

1.) Ameisensäure sehr aggressiv ist und mit ihr nur mit entsprechenden Schutzvorkehrungen hantiert werden darf!
2.) ich nicht weiß, wie andere Ameisenarten auf die Dämpfe der Ameisensäure reagieren – eine Schädigung anderer Arten schließe ich absolut nicht aus.
3.) Ameisen, die längere Zeit den Säuredämpfen ausgesetzt werden, nicht eventuell unmittelbar nach der Behandlung eingehen.

Alle Ameisen, die ich mit Ameisensäure behandelt habe, haben überlebt. Keine einzige ist auf Grund der Dämpfe der Säure eingegangen. Lediglich ein Tier, welche sich in den Säure-Wattebausch verbissen hatte, überlebte die ‚Säure-Attacke‘ nicht.

Zu 2.) Verdünnte Molke

In einigen Milbenbekämpfungsmitteln für Hunde und Katzen, und auch für andere Haustiere ist als Inhaltsstoff Molke zu finden. Diese soll wohl die Milben verkleben und deren Atmungslöcher (Tracheen) verstopfen. Zumindest denke ist, dass dies die Wirkungsweise ist. Kritisch also, wenn’s um Milbenbekämpfung bei Ameisen geht.

Eine direkte Bekämpfung von Milben auf Ameisen mit Molke ist also nicht möglich – die befallene Ameise müsste mit Molke besprüht werden; dies würde auch ihre Atmungslöcher verstopfen. Keine Option. Getestet habe ich dies – mit Molke besprühte Ameisen sterben – entweder relativ schnell, oder nach wenigen Tagen.

Die Bekämpfung von Milben in bzw. auf der Formicarieneinrichtung ist aber sicherlich mit Molke möglich, solange die einwohnenden Ameisen nicht durch die Molke in Mitleidenschaft gezogen werden. Und es funktioniert: Milben, die mit Molke in Kontakt gekommen sind, sterben ab. Molke und auch getrocknete Molke riecht ein wenig streng, bzw. säuerlich - kann man aber so Milben bekämpfen sollte man den Geruch in Kauf nehmen.

Zu 3.) Anisöl und andere ätherische Öle

Anisöl und einige andere ätherische Öle haben eine abweisende Wirkung auf Milben. Dies machen sich einige Mittel für die Milbenbekämpfung bei Hunden und Katzen zu nutze. Vogelsand ist üblicherweise mit Anisöl versetzt - wohl nicht ohne Grund ...

Es gibt ein paar Mittel mit denen Hundedecken und Körbe eingesprüht werden können um Milben zu vernichten. Dies funktioniert teilweise, wie ich selbst testen konnte. Die Milben werden verjagt, aber nur selten auf Dauer, wenn nicht die Lebensbedingungen für die Milben gleichzeitig verschlechtert werden. Dazu später mehr.

Beobachten konnte ich, dass Milben (zumindest die Art von Milben, die ich in meinen Formicarien hatte), durch Anisöl auch abgetötet werden können. Unter dem Binokular war zu beobachten, dass Milben, die in direkten Kontakt mit Anisöl gekommen waren, wenige Minuten nach dem Kontakt abstarben. Ob dies für alle Arten von Milben gilt, kann ich selbstverständlich nicht sagen. Hier zählt nur der eigene Test.

Auf Ameisen scheint Anisöl keine Wirkung zu haben, solange man sie nicht mit dem Öl übergießt.

Selbst getestet habe ich Anisöl erfolgreich um die vermutlichen ‚Nistplätze‘ der Milben ‚unbewohnbar‘ zu machen. In die feuchteren Gebiete in einem Testformicarium habe ich einige Tropfen Anisöl gegeben und nach einigen Tagen auf Milben untersucht. Feststellen konnte ich, dass die Anzahl der Milben drastisch zurückgegangen war. Mehr Öl hätte hier sicherlich eine noch besser Wirkung.

Zu 4.) Mechanische Reinigung

Diese Reinigungsmethode ist nur bei großen Ameisenarten anwendbar, wie z.B. diverse Myrmecia Arten, die wegen ihrer Körpergröße leicht zu handhaben sind und sich unter dem Binokular untersuchen lassen. Für kleine Arten ist diese Methode weder sinnvoll noch praktikabel.

Mit einem kleinen hart-borstigen Pinsel aus dem Baumarkt lassen sich Ameisen von entsprechender Körpergröße problemlos unter Vergrößerung von Milben befreien. Wichtig ist, dass man die zu behandelnden Tiere vor der Behandlung ‚kaltstellt‘, d.h. in den Kühlschrank verfrachtet um die Bewegungen der Tiere zu verlangsamen. Mit Federstahlpinzette und Pinsel bewaffnet kann dann unter dem Binokular die Reinigung erfolgen.

Man sollte darauf achten den Arbeitsplatz kontinuierlich zu säubern – die vom Pinsel entfernten Milben krabbeln auf der Arbeitsfläche umher. Mit Alkohol, oder mit Ameisensäure kann ein Zewa Tuch beträufelt werden und mit diesem der Arbeitsplatz abgewischt werden.

Das ganze sollte man mehrere Male wiederholen und jedes Tier mehrfach auf Milben untersuchen; sicherlich eine aufwändige, aber eine sehr erfolgreiche Methode um Milben loszuwerden, vorausgesetzt man arbeitet gründlich.

Lebensbedingungen der Milben

Milben lieben es warm und feucht. Einige Ameisen auch, doch ist in vielen Haltungsberichten zu lesen, dass der Y-Tong oder das Sandformicarium praktisch ständig bewässert wird um ein Austrocknen der Kolonie zu verhindern. Hier muss ich klipp und klar sagen, dass genau dieses ständige Befeuchten oft der Grund für einen späteren Milbenbefall ist.
Ameisen vertragen sehr gut Trockenheit, und ein durchnässtes Nest bietet sicherlich nicht genau die Lebensbedingungen, die die Tiere in der Natur vorfinden würden. Kommt dann noch eine Heizung zum Einsatz, und fehlt aufgrund eines Deckels als Ausbruchsschutz die benötigte Durchlüftung des Formicariums, dann sind Milben vorprogrammiert.

Einige Tipps um die Lebensbedingungen für Milben zu verschlechtern:

1.) Das Formicarium ab und an austrocknen lassen! Bewohnen Ameisen aus dem Regenwald das Formicarium: auch dann kann man es ab und zu austrocknen lassen. Entsprechende Erfahrungen habe ich mit meinen Pachycondyla apicalis gemacht. Bei Tropenformicarien ist aber eine vernünftige Belüftung unerlässlich.

2.) Nicht zu oft wässern! Auch in der Natur regnet es nicht jeden Tag aus Kübeln und verschlammt den Boden. Im Formicarium kann überschüssiges Wasser nicht ablaufen – in der Natur schon. Das Befeuchten eines Y-Tong Steins sollte nicht jede Woche, sondern alle 4 Wochen stattfinden, vorausgesetzt es herrschten 1-2 Wochen absolute Trockenheit im Nestbereich.

3.) Feuchtigkeit gepaart mit Wärme und fehlender Lüftung unbedingt vermeiden. Auch für exotische Arten ist nicht unbedingt eine Heizung nötig. Sämtliche Myrmecia Arten die ich halte, kommen aus den eher warmen Gebieten Australiens – und in keinem Formicarium dieser Arten befindet sich eine Heizung. Trotzdem wachsen die Kolonien überaus gut – meine Myrmecia nigrocincta Kolonie hat es auf stattliche 600 Tiere gebracht. Und das ohne jegliches Bewässern und ohne Heizung. Die normale Zimmertemperatur von durchschnittlich 21 Grad reicht absolut.

4.) Lüften wo es geht! Formicarien sind zur Ausbruchssicherung oft mit Deckeln ausgestattet. Deckel verhindern aber einen Luftaustausch mit der Umgebungsluft, und zwar auch wenn der Deckel einen schmalen, mit Gitter abgedeckten Streifen besitzt. Zur Lüftung ideal sind kleine PC Lüfter, die man auf den Deckel legen kann und die dann durch die Gitterabdeckung Frischluft in das Formicarium bringen. Entsprechende Lüfter sind in jedem Computer Fachgeschäft für wenige Euro zu bekommen.

Als Quintessenz kann man sagen: Sparsam bei der Bewässerung sein, Austrocknen lassen, Lüften und überdenken, ob eine Heizung wirklich nötig ist.

Zum Futter für Ameisen:

Wer möchte, sollte Lebendfutter abkochen bevor es in das Formicarium gegeben wird. Ein Blick in die Futterdose kann auch nicht schaden. Milbenbefallendes Lebendfutter ist leicht an kleinen Pünktchen, die auf dem Boden der Futterdose umher krabbeln, zu erkennen.

Ich persönlich denke aber, dass es sinnvoller ist, die Lebensbedingungen für Milben im Formicarium derart zu verschlechtern, dass es für eventuelle Milben einfach zu schwierig wird sich im Formicarium wohl zu fühlen und zu vermehren. Doch das ist Auffassungssache; Milben lassen sich, wie meine persönliche Erfahrung zeigt, nicht durch das Abkochen des Futters vermeiden. Kommen sie nicht über das Futter in das Formicarium, dann über einen anderen Weg. Und sie kommen, bzw. bleiben nur, wenn die Bedingungen ideal sind. Und die Bedingungen liegen in der Hand des Ameisenhalters.

Wichtig ist, dass Futterreste aus dem Formicarium entfernt werden – nicht ohne Grund transportieren (fast) alle Ameisenarten ihren Müll vor die Türe. Da das Formicarium aber einen beschränkten Raum darstellt, ist der Halter gefragt: ab und zu Müll wegräumen: das sollte man von zu Hause auch kennen …

Was tun, wenn man Milben entdeckt hat?

Nicht in Panik verfallen, heißt die Devise. Befinden sich die Milben nur im Formicarium und nicht auf den Ameisen, dann ist wahrscheinlich erst einmal keine Gefahr im Verzug. Man sollte überprüfen, ob die ‚klimatischen Bedingungen‘ im Formicarium ein Milbenwachstum beschleunigen, bzw. fördern. Ist dem so, dann die obigen Punkte in Bezug auf Feuchtigkeit, Belüftung und Heizung überprüfen. Befallen die Milben Ameisen, bzw. steigt die Sterberate der Kolonie, dann ist Handeln angesagt: ein Ersatz-Formicarium bereitstellen und sich für eine der obigen Behandlungsmethoden entscheiden.

Handelt es sich um eine kleine Ameisenart, dann bleibt einem nur ein Weg: die Lebensbedingungen der Milben verschlechtern, stark befallene Ameisen entfernen (und mit kochendem Wasser übergießen), eventuell die Kolonie in ein neues Formicarium umsetzen, in dem für Milben unangenehme Lebensbedingungen herrschen. Futterreste immer schnellstmöglich entfernen. Ist nach 2-3 Wochen keine Besserung in Sicht, bzw. verschlechtern sich die Situation, muss man sich entscheiden: Kolonie vernichten, oder sterben lassen. Hat man sich zur Vernichtung entschieden: die Kolonie mit kochendem Wasser übergießen. Lässt man die Kolonie sterben: auch dann sollte sie am Ende mit kochendem Wasser übergossen werden. Selbiges sollte mit der Formicarieneinrichtung (Sand, Y-Tong etc.) geschehen.

Hilfreich ist eine temporäre Umsiedlung in einen Kunststoffbehälter ähnlich denen, in welchen Heimchen und Grillen geliefert werden. Solche Behälter gibt es in den unterschiedlichsten Größen und sind preiswert. Sie erlauben ein mehrfaches Umsetzen der Kolonie und eine praktische Aufbewahrung während der Beobachtungszeit nach der Milbenentfernung.

Finden sich die Milben nur im Formicarium, bzw. am Glas des Beckens, dann muss man für sich entscheiden, ob man eine Entfernung der Milben anstrebt, oder nicht. Klar ist, dass man wohl ein einmal von Milben bewohntes Formicarium nicht wieder absolut frei von Milben bekommt. Unschön sind diese Milben aber auch, vor allem dann, wenn man seine Ameisen fotografieren möchte, und die Scheiben des Formicariums von Milben besetzt sind. Ich entferne solche Milben mit einem mit Alkohol beträuften Zewa Tuch. Macht man dies kontinuierlich mehrere Male am Tag, so lässt sich ein weiteres Ausbreiten der Milben einschränken. Vorausgesetzt auch die Lebensbedingungen der Milben werden gleichzeitig verschlechtert (s.o.).

Schlußbemerkungen:

Ich bin weit davon entfernt ein Milbenexperte zu sein, noch bin ich ein Experte in der Bekämpfung von Milben. Ich habe mir in den letzten Jahren nur Gedanken gemacht, wie man diese Plagegeister bekämpfen, bzw. in ihrer Vermehrung beschränken kann. Es wird hier im Forum oder auf anderen Plattformen im Internet sicherlich den einen oder anderen geben, der meine Methoden zur Bekämpfung skeptisch sieht und immer sofort zu kochendem Wasser rät. Solchen Leuten sage ich: jeder wie er meint!

Nur: kochendes Wasser sollte meines Erachtens immer nur der letzte Weg sein – Ameisen sind robuste Lebewesen, die einiges ertragen. Kochendes Wasser zeugt von Ungeduld, dem falschesten mit dem ein Ameisenhalter ausgestattet sein kann.

Liebe Grüsse und viel Erfolg bei der Milbenbekämpfung!
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Beitragvon Stefan_K » 19. Aug 2007 13:00

Einige Ergänzungen zur mechanischen Reinigung und zur Reinigung mit Ameisensäuredämpfen:

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich einige Milbenarten nicht durch Ameisensäure ‚verjagen‘ lassen, bzw. dazu genötigt werden können eine befallene Ameise zu verlassen.

Festgestellt habe ich dies bei Milben, die sich hauptsächlich auf Augen und Mandibeln von Ameisen befanden. Diese Milben sind meinen Beobachtungen zur Folge nicht sonderlich schädlich für Ameisen – die betroffenen Tiere scheinen den Milbenbefall schadlos zu überstehen, bzw. können mit den Milben leben. Die Todesrate ist jedenfalls bei einer von dieser Milbenart befallenen Harpegnathos venator Kolonie nicht angestiegen. Allerding sind die befallenen Tiere dieser Ameisenart in ihrer visuellen Wahrnehmung doch erheblich beeinträchtigt, da zum Teil die Augen der Ameisen komplett von Milben besetzt sein können. Verhaltensänderungen der Ameisen sind aber ansonsten keine zu beobachten. Auch die Nachwuchsproduktion wurde nicht beeinträchtigt. Eventuell handelt es sich bei dieser Milbe um eine Art, welche die Ameisen lediglich besetzen um bei deren Futteraufnahme schmarotzen zu können. Beweisen kann ich dies allerdings nicht.

Versuche die oben erwähnte Milbenart mit Ameisensäuredämpfen zu entfernen sind in meinen Tests fehlgeschlagen. Die Säuredämpfe beeindruckten die Milben nicht im geringsten; im krassen Gegenteil zu den Milben, die meine im obigen Artikel erwähnte Pachycondyla kruegeri Kolonie befallen hatten: diese verließen fluchtartig die von ihnen befallene Ameise wenn sie Ameisensäuredämpfen ausgesetzt wurden.

Somit ist offensichtlich, dass bei bestimmten Milbenarten nur eine mechanische Reinigung Erfolg zeigen könnte. Ich spreche im Konjunktiv, weil, wie oben erwähnt für eine mechanische Reinigung die befallenen Ameisen Tiere einer relativ großen Ameisenart sein müssen – kleinere Arten sind mechanisch wohl eher nicht zu säubern, und weil sich erheblich festsaugende Milben eventuell nicht einfach mit einem Pinsel abstreichen lassen. Aufgrund der Vielzahl von Milben ist eine allgemeine Aussage, wie ich weiter oben auch schon erwähnte, nicht möglich.

Andere Behandlungsmethoden:

UV Bestrahlung

Der User ‚Necturus‘ aus diesem Forum erwähnte die Möglichkeit der ‚Behandlung‘ mit UV Strahlen gerade auch bei Kolonien kleinerer Ameisenarten, wo eine mechanische Säuberung nicht in Frage kommt.

Von dieser Methode hatte ich bereits auch schon gehört bzw. sie in Erwägung gezogen, sie aber dann nach einigen Überlegungen nie getestet, da Ameisen vor einer starken UV Bestrahlung eher flüchten würden, als sich auf Dauer dieser auszusetzen. Und um durch UV Licht eine Verminderung der Milbenpopulation zu erreichen müsste meines Erachtens wohl eine kontinuierlich sehr starke und gezielte Bestrahlung mit UV Licht erfolgen; ich erachte es als zweifelhaft, ob die Bestrahlung durch z.B. eine übliche Terrarien UV Leuchtstoffröhre wirklich genügend UP Strahlen emittiert werden um Milben zu schädigen bzw. zu vertreiben und ob eine starke Bestrahlung den befallenen Ameisen nicht schaden würde.

In Terrarien, in welchen die bekannten Leuchtstoffröhren zum Einsatz kommen, kommt es auch immer wieder zu Milbenbefall der bewohnenden Reptilien. Daher bezweifele ich, dass die abgegebene UV Strahlung ausreichend für eine Bekämpfung von Milben ist. Aber: es käme auf einen Test an – ohne Test kann man kaum sagen ob diese Methode nicht doch erfolgreich sein könnte. Allerdings müsste eine solche Behandlung auch mit einer Verschlechterung der Lebensbedingungen für Milben einhergehen, bzw. müsste das Formicarium früher oder später wahrscheinlich neu eingerichtet werden: denn in die Nestbereiche der Ameisen dringen die UV Strahlen nicht vor, und genau dort würden sich Milben immer wieder vermehren können.

Niembaumöl Präparate

Niembaumöl findet sich in vielen Milbenbekämpfungsmitteln, die hauptsächlich im Haushalt eingesetzt werden: zum Einsprühen von Matratzen und anderen Dingen im Haushalt in denen sich Milben vorzugsweise vorfinden. Das Öl des Niebaums, welches aus den Samen desselben gewonnen wird, macht die Nahrungsgrundlage der Hausstaubmilben, Hautschuppen, ungenießbar, und verhindert ebenfalls das Wachstum der Milbenlarven. Den Angaben des Herstellers eines medizinischen Niembaumöl Präparates nach ist nur eine besonders hergestellte Art des Niembaumöls wirkungsvoll gegen Milben. Ob dies zutrifft oder eine Marketing Strategie ist bleibt unklar. Ich vermute, dass jedes Niembaumöl entsprechend eingesetzt werden kann.

Nachteil der Niembaumpräparate für eine Milbenbehandlung bei Ameisen: das Niembaumöl ist in Alkohol gelöst – d.h. man kann es in dieser Form nicht auf Ameisen aufsprühen, da die Ameisen diese Behandlung wahrscheinlich nicht überleben würden. Außerdem vermute ich, dass das mit Alkohol verdünnte Niembaumöl die Tracheen besprühter Ameisen verstopfen wird – ebenso wie alle anderen Öle (s.o.).

Möglich ist eventuell eine Behandlung der Formicarieneinrichtung mit einem Niembaumölpräparat. Getestet habe ich dies bisher nicht.
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Beitragvon Stefan_K » 21. Aug 2007 18:47

Weitere Methoden bzw. Mittel:

Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat-haltige Anti-Hausstaubmilben Präparate

Für die Hausstaubmilben Bekämpfung gibt es einige neuartige Mittel, welche alle den Stoff Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat enthalten. Dieser Stoff ist laut den Packungsbeilagen ein natürliches Mineral und wird zum Besprühen von Matratzen, Kissen, Teppichböden u.a. angewandt. Angeblich ist der Wirkstoff auch noch in getrockneter (kristallisierter Form) wirksam.

Die Wirkungsweise dieser Mittel soll eine ‚schleichende Vergiftung‘ der Milben sein, indem diese den Wirkstoff über besprühte Hautschuppen aufnehmen. Der Wirkstoff soll in den Wasserhaushalt der Milben eingreifen und diese austrocknen. Schon am ersten Anwendungstag stellen die Milben den Angaben zufolge die Fortpflanzung ein und ein kontinuierliches Absterben beginnt. Ob diese Wirkung bei sämtlichen Spinnentieren eintritt ist den Produktbeschreibungen nicht zu entnehmen. Getestet wurde der Wirkstoff vom ‚Institut für Biologische Analytik und Consulting IBACON GmbH‘ - (Hyperlinks sind nur für registrierte Nutzer sichtbar).

Ich habe einen Test mit einem Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat-haltigen Mittel gestartet und eine Harpegnathos venator Arbeiterin, welche von (vermutlich) nicht schädlichen Milben befallen ist, mit dem wässrigen Mittel eingepinselt. Die Milben befinden sich hauptsächlich auf Augen, Mandibeln und den Beinen der Ameise und ließen sich durch eine Ameisensäuredampf-Behandlung nicht entfernen. Auch eine mechanische Reinigung schlug fehl, da Harpegnathos venator zwar schon zu den größeren Ameisenarten zählen, aber für eine Reinigung unter dem Binokular doch noch zu klein sind.

Die mit Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat eingepinselte Arbeiterin machte nach der Behandlung nicht den Eindruck als hätte der Wirkstoff irgendeine Auswirkung auf sie. Sie begann sich zu putzen, schien aber ansonsten von dem Wirkstoff nicht beeinträchtigt zu werden. Die auf ihr sitzenden Milben zeigten unter dem Binokular auch keine Reaktion; der Packungsbeilage des Milbenmittels ist allerdings auch nicht zu entnehmen wann genau ein Absterben der Milben zu erwarten ist.

Ich hoffe auf eine beobachtbare Verbesserung des Milbenbefalls (Rückgang der Milben) in den nächsten 24-72 Stunden. Ob der Wirkstoff auch irgendeine Wirkung auf die behandelte Ameise hat, wird sich wohl in dieser Zeit auch herausstellen.

Ich werde hier weiter von diesem Experiment berichten.
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Beitragvon Stefan_K » 23. Aug 2007 13:55

Update zu einigen weiteren Tests:

Test mit Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat-haltigem Anti-Hausstaubmilben Präparat

Der Test ist fehlgeschlagen - womit ich gerechtnet hatte. Die Milben sind zwar teilweise eingegangen (ca. 50% der mit dem Mittel eingepinselten Milben), allerdings hat die Ameise, auf welcher die Milben saßen, die Behandlung ebenfalls nicht überlebt. Obwohl ich gezielt nur die Milben-besetzten Bereiche mit dem Mittel eingepinselt hatte, ist die Ameise 36 Stunden nach Behandlung eingegangen. Dinatriumoktaborat-Tetrahydrat ist also auch keine Lösung.

Test mit UV Bestrahlung

Um auch diese Option beurteilen zu können habe ich mir ein Sonnenbräunungsgerät ausgeliehen, welches starke UV Strahlung emmittiert. Das Gerät wird normalerweise zur Gesichtsbräunung benutzt und gibt UV Strahlung ohne starke Wärme Strahlung ab.

Wie ich aber weiter oben bereits erwähnt hatte, ging ich davon aus, dass die Ameisen (hier Harpegnathos venator vor der Strahlung fliehen würden. Die Tiere waren mitsamt Brut (ca. 20 Larven und ebensoviele Eier) testweise in einen Kunsstoffbehälter gegeben worden. VOn oben erfolgte dann die UV Bestrahlung aus ca. 40cm Abstand. Eine UV Behandlung im bestehenden Formicarium ist nicht sinnvoll, da die UV Strahlung überall hin gelangen muss.

Unmittelbar nach Einschalten der UV Quelle konnte ich beobachten wie sämtliche Larven der Ameisen anfingen sich zu winden und zu zucken - zuvor lagen sie ganz ruhig herum. Auch die Arbeiterinnen begannen vor der Strahlung fliehen zu wollen. Da die reaktion der Tiere und der Larven auf die Strahlung so stark war, brach ich den Test ab. Nach Abschaltung der UV Quelle beruhigten sich sowohl Ameisen als auch Larven wieder.

Obwohl ich an meiner Hand im selben Abstand UV Quelle - Ameisen keine wesentlich erhöhte Temperatur warhnahm, kann es sein, dass die Ameisen nicht vor der UV Strahlung, sondern vor einer für mich nicht wahrnehmbaren Temperaturerhöhung davonlaufen wollten.

Um Milben durch UV Strahlen abzutöten müssen diese der Strahlung direkt ausgesetzt sein, und die Strahlung muss entsprechend hoch und intensiv sein. Wie ich erwartet hatte schädigt dies aber auch Ameisen. Also ist die UV Bestrahlung ebenfalls keine Option.

'Reptix First Aid' - Ungezieferspray für Reptilien

Einen Test mit diesem Mittel habe ich noch nicht begonnen, plane ihn aber. Das Mittel ist im Zoofachhandel zu bekommen und enthält als Hauptwirkstoff 1-Methyl-2-alkyl-3-fettsäureamidoethylimidazolinium-methosulfat. Es enthält keine Insektizide und keine Gifte. Wirken soll es auf die übliche Blockierung der Atmungswege der Milben. Da Ameisen dieselben Atmungswege wie Milben haben, ist der Erfolg einer Behandlung mit diesem Mittel fragwürdig. Ich denke, dass auch die behandelten Ameisen Schaden nehmen werden.

Das Mittel kann auch zum Einsprühen der Terrarieneinrichtung benutzt werden, was es vielleicht doch nützlich macht.

Einen Test werde ich in den nächsten Tagen starten und dann hier wieder berichten.

Kleine Zwischenbilanz zu den letzten Tests

Viel Geld und einige Ameisen habe ich für diese Tests aus dem Fenster geworfen ... :) Naja - ich hatte damit gerechnet, beklage mich also nicht. Ich möchte damit nur deutlich machen, dass all die Mittelchen, ob gegen Hausstaubmilben oder gegen Milben bei Terrarienbewohnern bei Ameisen entweder total versagen, nur geringe Wirkung zeigen, oder aufgrund ihrer Wirkungsweise im Bereich der Insekten schlicht und einfach nicht anwendbar sind, denn das was die Milben umbringt, bringt fast zwangsläufig auch Ameisen um. Und genau das ist das Problem der Milbenbekämpfung bei Ameisen.

Aus all den von mir gemachten Versuchen habe ich gelernt, dass nur die mechanische Reinigung, gepaart mit einem vernüftigen Mikroklima im Formicarium (s.o.), Erfolge zeigt. Alles andere ist ein Herumfummeln an den Symptomen ohne wirkliche Besserung der Lage.
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