Pachycondyla spec. - Haltungsbericht

Informationen, Haltungsberichte und Fotobeiträge - Diskussion und Fragen

Beitragvon Stefan_K » 21. Jun 2005 22:48

21.06.05 - Nachwuchs ... Nachwuchs ... Nachwuchs :)

Jeden Tag schlüpft im Moment mindestens ein Tier. Der komplette 'Puppen-Vorat' der letzten Wochen verwandelt sich nun in neue Arbeiterinnen. Endlich ... hat ja auch lang' genug gedauert.

Weiterhin wird das neue Becken nun von den Tieren rundum angenommen. Teilweise wird der Abfall dort abgelegt, und morgens so zwischen 8 und 9 Uhr befinden sich fast immer 3-5 Tiere im neuen Becken um ein paar Heimchen zu jagen. Alles funktioniert also so, wie ich es geplant hatte ... ;)
Neue Brut ist auch in Entwicklung: ca. 5 neue Larven habe ich entdeckt.

Bhaktar Nahrung habe ich extra für die Pachycondylas zubereitet, allerdings wurde sie nicht einmal erkundet. Sieht so aus als wär das nicht deren Geschmack. Meine Lasius niger freuen sich ... die stürzen sich drauf ... :)

Alles in allem kann ich nun nach knapp 8 Wochen sagen: Startschwierigkeiten gab's, aber nun läuft alles bestens ... Die Pachycondylas sind insofern keine Anfängerart ... man kann doch zuviel falsch machen.

Soweit für heute.

Fortsetzung folgt ...
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Beitragvon Stefan_K » 6. Jul 2005 12:29

06.07.2005 - Nachwuchspflege

Alles läuft weiterhin genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte: es haben sich mittlerweile alle Puppen in Tiere 'verwandelt' - 2 Männchen und ca. 8 neue Arbeiterinnen. Insgesammt bin ich jetzt mit meiner Kolonie wieder auf 'Start-Niveau' - d.h. die Kolonie ist wieder genauso groß wie zu Beginn. Und neuer Nachwuchs ist in Arbeit: ca. 5 Puppen, 12 Larven und ein frisches Eipaket.

Gestorben ist eines der Männchen in der letzten Woche und eine Arbeiterin. Auffällig ist, dass grundsätzlich nur solche Arbeiterinnen sterben, die im wahrsten Sinne des Wortes 'grau' geworden sind. Das heißt, die Körperfarbe unterscheidet sich eindeutig von der der anderen (jüngeren) Arbeiterinnen. Frisch geschlüpfte Arbeiterinnen sind z.B. matt schwarz glänzend. Ältere, etwas größer und dicker als die jüngeren Tiere, wirklich alte Tiere hingegen nicht mehr matt schwarz glänzend, sondern mit einem Grauschimmer. Wie bei uns Menschen also ... ;) :D

Im Moment wird alle zwei Tage mit der ganzen 'Belegschaft' von einer Nestkammer in eine andere umgezogen. Warum das passiert ist mir nicht ganz klar, da die Umgebungsbedingungen eigentlich im Becken überall gleich sind. Doch da Ameisen ja Temperaturunterschiede von einem viertel Grad wahrnehmen können, ist es wohl doch so, dass es innerhalb des Beckens verschiedene Temperaturzonen gibt.

Weiterhin ist mir aufgefallen, dass ab und zu einige Arbeiterinnen mit einer Larve an die Nestoberfläche kommen, und diese dann entweder wild durch die Gegend schleppen, oder in einem schattigen Bereich ablegen, und die Larve dort 'bemuttern'. Bei einer solchen Gelegenheit konnte ich die folgenden vier Bilder machen:

Bild

Bild

Bild

Bild

Man könnte meinen, dass es sich um abgestorbene Larven handelt, da es mir zuerst nicht einleuchtete, warum die Larven ausgerechnet an die Oberfläche transportiert werden. Doch die Larven sind putzmunter: man kann ohne weiteres beobachten wie sie sich während der 'Bemutterung' durch die Arbeiterinnen bewegen und winden ... :) Scheint sie zu kitzeln. :D

Futtermäßig habe ich in den letzten Tagen reichlich Fliegen gegeben. Ich hatte ja Fliegenlarven getestet vor einigen Wochen. Aus den Larven lasse ich jetzt gezielt Fliegen entwickeln indem ich immer einige Larven aus der Aufbewahrungs-Box im Kühlschrank entnehme und diese sich dann bei Zimmertemperatur entwickeln lasse. Ich muss die Fliegen allerdings mit einer Federstahlpinzette dann direkt verfüttern - gejagt werden können sie nur sehr schlecht, da die Pachycondylas zwar schnell sind, aber nicht besonders gut sehen können. Die Hell- Dunkelwahrnehmung hingegen scheint sehr ausgeprägt zu sein (siehe in einem Bericht weiter oben).

Im übrigen ist das Jagdverhalten sehr interessant: aufgrund der schlechten Sehfähigkeit laufen die Tiere bei Beutekontakt in einem enormen Tempo im Kreis; ca. 10 Sekunden lang, bis die Beute wieder automatisch in Greifnähe kommt. Die Pachycondylas gehen also nicht gezielt auf Jagd, sondern überlassen es eher dem Zufall, ob sie ein Beutetier ergreifen. Der Durchmesser des Jagdkreises beträgt ca. 7-10cm. Wegen der hohen Laufgeschwindigkeit der Tiere ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass sich das Beutetier nach dem ersten Kontakt noch innerhalb dieses 7-10cm großen Jagdgebietes aufhält. Fast immer wird es dann auch erwischt und gezielt betäubt und offensichtlich nicht direkt getötet. Betäubte Beute hält sich länger frisch als getötete Beute: im Nest konnte ich erbeutete Heimchen beobachten, die nicht getötet, sondern nur 'ruhiggestellt' wurden. Perfekte Lagerhaltung!

Soweit für heute ... sobald ich etwas Zeit finde werde ich noch etwas ausführlicher das Jagdverhalten beschreiben. Lese mich da im Moment im Hölldobler ein. :)

Fortsetzung folgt ...
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Beitragvon Stefan_K » 11. Jul 2005 20:14

11.07.05 - Nachwuchs am Laufenden Band ...

Heute mal nicht soviel Text, sondern nur ein paar besonders gelungene Fotos. Meine neue Kamera war ihr Geld wert. Endlich kann man mal festhalten, was man zuvor immer nur mit den eigenen Augen sehen konnte.

Die Pachycondylas waren so nett und haben einen Teil ihrer Brut an der Oberfläche unter einem Stein abgelegt, wo ich perfekt mit der Kamera 'rankam. Auf den folgenden Bildern sind die Entwicklungsstadien von der Larve zur fertigen Puppe zu sehen. Besonders interessant ist das Zwischenstadium zwischen Larve und Puppe - auf den Bildern ist dies das durchscheinende Gebilde, wo einzelne braune Spinnfäden zu sehen sind. Die Larve lässt sich dabei beobachten, wie sie die einzelnen Fäden zur Kokon Herstellung produziert. Bisher konnte ich diesen Vorgang nie beobachten, und ich fragte mich immer: wo kommen die Kokons her? Heute war es soweit ... :)

Eine Arbeiterin mit einer Larve:

Bild

Zwei Larven (Bildmitte), ein fertiger Kokon (links), und ein Kokon in Arbeit (rechts, unter der Larve)

Bild

Der 'unfertige' Kokon - deutlich sind die braunen Spinnfäden zu sehen:

Bild

Bild

Die 'Herstellung' eines Kokons dauert so ca. 8-12 Stunden. Der Kokon selbst ist papierähnlich - leere Kokons konnte ich schon einige genauer untersuchen.

Es steht weiterhin reichlich Nachwuchs an. Ca. 8 Puppen habe ich präsentiert bekommen, ca. 15 relativ weit entwickelte Larven, ca. 8 sehr frühe Larven, und 2 Eipakete mit jeweils ca. 10 Eiern. Sieht so aus, als müsste ich bald anbauen, wenn das so weiter geht. ;)

Soweit für heute.

Fortsetzung folgt ...
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Beitragvon Stefan_K » 29. Sep 2005 22:15

29.09.05 - Kolonie wächst und wächst ...

Mal wieder ein Update nach langer Zeit. Der Kolonie geht es sehr gut und sie wächst und wächst. Ich vermute, dass die Kolonie zur Zeit aus ca. 50-60 Tieren besteht. D.h. die Anzahl an Tieren hat sich in den letzten 3 Monaten verdoppelt. Und so wie es aussieht, wird es in den nächsten Monaten so weitergehen, da reichlich Nachwuchs ansteht. Sowohl Eipakete, Larven, als auch Puppen liegen in großer Anzahl vor.

Wie ihr wißt, ist meine Pachycondyla Kolonie königinlos. Details dazu findet ihr hier:

http://www.antstore.net/viewtopic.php?t=2218

Bei Dinoponera quadriceps wurde in der Vergangenheit beobachtet, wie Arbeiterinnen, die Bestrebungen zeigten in der Rangfolge innerhalb der Kolonie aufzusteigen, von anderen Arbeiterinnen bestraft und daran gehindert wurden, das neue 'Alpha' Tier zu werden. Nun konnte ich in den letzten Monaten vergleichbare Ereignisse in meiner Pachycondyla Kolonie ebenfalls beobachten.

Wie in meinem Artikel über Gamergates (s.o.) erwähnt, werden in der Rangfolge aufstrebende Arbeiterinnen von anderen Arbeiterinnen entweder verstümmelt, oder so lange festgesetzt, bis sie ihre Bestrebungen aufzusteigen, aufgeben. Genau so ein Festsetzen, bzw. eventuell auch eine Verstümmelung konnte ich bei 'frisch' geschlüpften Pachycondyla Arbeiterinnen mittlerweile mehrfach beobachten. Dabei wird das frisch geschlüpfte und in der Rangfolge offensichtlich aufstrebende Tier von 3-5 Arbeiterinnen festgesetzt, wie in dieser Zeichnung dargestellt:

Bild
Aus: "Pretender punishment induced by chemical signalling in a queenless ant", von: Thiebaud Monnin, u.a.

Das betroffene Tier wurde über mehrere Stunden festgesetzt; es konnte sich weder vor noch zurück bewegen. Manchmal konnte ich eine weitere Arbeiterin beobachten, wie sie das festgesetzte Tier mit den Mandibeln 'bearbeitete. Dabei konnte ich allerdings nicht feststellen, ob wirklich eine Verstümmelung stattfand. Am Ende des 'Festsetzens' durch die Arbeiterinnen 'befreite' sich das festgesetzte Tier, lief aufgeregt umher, und wurde immer wieder von einigen anderen Arbeiterinnen verfolgt, und für kurze Zeit wieder festgesetzt. Dies setzte sich über mehrere Stunden fort, wobei die Festsetzungsintervalle immer kürzer wurden. Ich interpretiere das Verhalten ganz klar als 'Degrardierung' der aufstrebenden Arbeiterin, die ihre Bestrebungen nach dem stundenlangen Festsetzen schließlich aufgab (eventuell verlief das Festsetzen auch noch länger - ohne das ich es mitbekam).

Bei Dinoponera quadriceps ist es so, dass das aufstrebende Tier von der aktuellen Gamergate 'chemisch markiert' wird, und dadurch anderen Arbeiterinnen das Signal zur Festsetzung der markierten Arbeiterin gegeben wird. Vergleichbares konnte ich nicht beobachten - wohl aber deshalb, weil mir nicht klar ist, welche der Arbeiterinnen meiner Kolonie die aktuelle Gamergate ist, da sie sich von den übrigen Arbeiterinnen morphologisch nicht unterscheidet. Ich vermute aber, dass es entweder auch zu einer Markierung der aufstrebenden Arbeiterin gekommen ist, oder dass die aufstrebende Arbeiterin ein solch offensichtliches 'Aufstrebe-Verhalten' an den Tag gelegt hat, dass andere Arbeiterinnen dies erkannt und das Tier anschließend umgehend festgesetzt haben.

Von 30 geschlüpften Tieren wurden meines Wissens nach 2 Tiere festgesetzt. Das spricht dafür, dass das Festsetzen kein 'normales' Ereignis ist, sondern nur bei einigen wenigen Tieren erfolgt.

Soviel für heute ...

Für Diskussionen und Fragen bitte diesen Thread benutzen:

http://www.antstore.net/viewtopic.php?t=1965

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Beitragvon Stefan_K » 16. Okt 2005 19:04

16.10.2005 - Fotos einer Arbeiterinnen-Festsetzung

Nach der Theorie nun ein paar Bilder. Das, was ich im vorherigen Bericht beschrieben hatte, habe ich nun glücklicherweise heute mit der Kamera festhalten können: das Festsetzen einer Arbeiterin, bzw. eventuell sogar das Verstümmeln einer in der Rangfolge aufstrebenden Arbeiterin.

1.) Ergreifen der Arbeiterin

Auf dem folgenden Bild seht ihr, wie die fragliche Arbeiterin von drei anderen Arbeiterinnen ergriffen wird. Zuvor spielte sich eine richtige Jagd auf die auf dem Bild gepackte Arbeiterin ab - aufgefallen ist mir das ganze durch das doch recht laute Stridulieren der gejagten Arbeiterin - sie 'schrie' praktisch nach Hilfe ... ;)

Bild

2.) Festsetzen der Arbeiterin

Hier seht ihr, wie die noch auf dem Rücken liegende Arbeiterin von 4 anderen Arbeiterinnen festgesetzt wird. Hinzugekommen ist nun auch eine fünfte Arbeiterin, die anschließend die festgesetzte Arbeiterin mit ihren Mandibeln bearbeitete.

Bild

Bild

3.) Endgültiges Festsetzen und 'Bearbeiten' der Arbeiterin

Das auf dem folgenden Bild festgehaltene Geschehen spielte sich über mehr als 45 Minuten ab - die festgesetzte Arbeiterin war 'im Würgegriff' einiger Arbeiterinnen und konnte sich weder vor, noch zurück bewegen. Sie bewegte sich praktisch kaum noch, sondern ließ alles über sich ergehen. Habe alles so ca. 60 Minuten beobachtet - auch nach 90 Minuten keine Veränderung. Das festgesetzte Tier wurde immer noch bearbeitet und konnte sich nicht wehren.

Bild

4.) Aufgabenverteilung bei der Festsetzung

Auf den folgenden Bildern habe ich die Arbeiterinnen gemäß ihrer Aufgabe bei der Festsetzung der aufstrebenden Arbeiterin markiert. Wie ihr seht, sind hier 5 Arbeiterinnen damit beschäftigt das Tier festzuhalten, während es von der blau markierten Arbeiterin bearbeitet (eventuell sogar verstümmelt) wird:

Bild

Bild

Mir ist nicht klar, ob hier nur ein reines Festsetzen vorsich ging, eine Verstümmelung, oder ob das Tier gezielt umgebracht wird - das werde ich erst sagen können, wenn innerhalb der nächsten Stunden ein Tier tot an die Oberfläche gebracht wurde.

Also: eventuell schon bald: Fortsetzung folgt ...

Für Diskussionen und Fragen bitte diesen Thread benutzen:

http://www.antstore.net/viewtopic.php?t=1965
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Beitragvon Stefan_K » 17. Okt 2005 20:56

17.10.2005 - Update

Update zum Bericht von gestern: das festgesetzte Tier wurde nicht getötet - zumindest wurde kein totes Tier an die Nestoberfläche transportiert. Ich vermute, dass das Tier solange festgesetzt wurde, bis es seine Bestrebungen in der Rangfolge aufzusteigen, aufgab. Untersuchungen zu solch einem Verhalten mit dem Ziel der 'Degradierung' liegen ja zu Dinoponera quadriceps vor.

Ich konnte gestern noch beobachten, wie das festgesetzte Tier mindestens ca. 5 Stunden festgehalten wurde. Es konnte dabei zweimal fliehen, wurde aber immer von den festsetzenden Tieren in einem Wahnsinnstempo verfolgt und praktisch sofort wieder ergriffen. Das fliehende Tier stridulierte fast die ganzen 5 Stunden der Festsetzung über - erstmals konnte ich dabei beobachten, wie die Striduliergeräusche mit den Gastersegmenten erzeugt werden.

Wie lange das Festsetzen insgesamt dauerte, kann ich nicht sagen - mindestens aber 5 Stunden - maximal 12 Stunden.

Geschlüpft sind heute erneut 4 Arbeiterinnen, die unmittelbar nach dem Schlüpfen von ein bis zwei Arbeiterinnen gesäubert und ausgiebig beleckt wurden. Zu ähnlichen Festsetzungs-Aktionen ist es heute (soweit ich es beobachten konnte) nicht gekommen.

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Beitragvon Stefan_K » 23. Okt 2005 23:05

23.10.2005 - Verstümmelte Arbeiterinnen?

Nachdem die Festsetzungen von Arbeiterinnen (s.o.) nicht dazu geführt haben, dass die festgesetzten Tiere getötet wurden, habe ich versucht herauszufinden, was aus den festgesetzten Tieren geworden ist. Dabei ist mir folgendes aufgefallen:

Seit drei Tagen fallen mir zwei Arbeiterinnen auf, die offensichtlich verstümmelt wurden. Einer Arbeiterin fehlt die Hälfte des linken Vorderbeines, einer anderen Arbeiterin fehlt ein komplettes Hinterbein (rechts).

Wie ich das zu interpretieren habe ist mir nicht klar. Eventuell sind diese Arbeiterinnen schon verstümmelt geschlüpft, was ich aber für ever unwahrscheinlich halte, da mir ähnliches bisher nicht aufgefallen ist. 'Unfälle' schließe ich eigentlich auch aus ...

Eventuell sind die Tiere also gezielt verstümmelt worden - warum auch immer, denn eine Verstümmelung von Gliedmaßen wird in keinem mir bekannten Text beschrieben. Bekannt war nur eine Verstümmelung durch die Entfernung des Gemmae, einem Anhängsel des Thorax, welches für die sexuelle Attraktivität bedeutend ist ... Beschrieben wurde dies aber auch nicht für Pachycondylas.

Mal sehen, ob ich da was drüber rausfinde. :) Werd's euch dann berichten.

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Beitragvon Stefan_K » 6. Mai 2006 10:57

06.05.2006 - Ende des Wachstums der Kolonie

Nach langer Zeit des Koloniewachstums nun mal wieder ein kurzes Update zu den Pachycondyla kruegeri. Leider ein etwas beunruhigendes ...

Die Kolonie schrumpft. Die Gründe sind mir nicht klar, aber es sieht so aus, als sei die Gamergate irgendwann vor ein paar Wochen verstorben. Das ist der Nachteil bei königinlosen Arten: da alle Tiere gleich aussehen, weiß man nicht, ob das begattete Tier noch bei der Kolonie ist, oder nicht. Solange Nachwuchs kommt, kann man sicher sein, sobald aber Nachwuchs ausbleibt, wird's kritisch.

Und in genau der Phase ist die Kolonie im Moment. Noch sind es ca. 80 Tiere, aber es geht bergab. :(

Mehrere Arbeiterinnen haben begonnen ebenfalls Eier zu legen. Das ist bei königinlosen Arten ein typisches Verhalten, wenn die Gamergate nicht mehr vorhanden ist. Ca. 10 Arbeiterinnen tragen nicht gerade kleine Eipakete zwischen den Mandibeln. Das Problem ist, dass aus diesen Eiern kein Nachwuchs entsteht - weder weiblicher, noch männlicher Nachwuchs. Das bedeutet wahrscheinlich, dass nur trophische Eier produziert werden. Was mich aber erstaunt ist, dass aus keinem der Eiern überhaupt Nachwuchs entsteht. Üblicherweise produzieren die Arbeiterinnen königinloser Arten Männchen sobald die Gamergate nicht mehr vorhanden ist und die Kolonie dem Ende zugeht. Praktisch um noch schnell ihr Genmaterial in Form von Männchen weiterzugeben. Vielleicht kommt es später noch dazu, dass Männchen auftauchen.

Gerhard hatte mit 4 'fremde' Männchen der Pachycondyla kruegeri zugeschickt, um zu testen, ob sich einige der Arbeiterinnen mit einem der Männchen paaren und so diese Arbeiterin als neue Gamergate aufsteigt. Dies ist, soweit ich das beurteilen kann, nicht geschehen. Zwei der Männchen wurden von einigen Arbeiterinnen gepackt, und durch das Nest getragen. Dabei boten sich die Männchen an, getragen zu werden: sie begaben sich automatisch in die Tragestellung (angezogene Glieder, andgezogener Kopf).

Hier ein Bild wo eine Arbeiterin von einer anderen getragen wird:

Bild

Zwei der vier Männchen haben sich einige Stunden unter einem Stück Moos verstecken können bevor sie entdeckt wurden. Seltsamer Weise wurden diese Männchen dann in den Hauptnestbereich transportiert, dort abgesetzt und in Ruhe gelassen. Eines dieser Männchen lebt noch heute - die anderen drei sind nicht mehr zu sehen. Eines von den dreien lag mit aufgebissenem Gaster auf dem Müllhaufen.

Nun, was ich die letzten zwei Tage beobachten konnte war, dass mehrere Arbeiterinnen ständig versuchten, dass Formicarium zu verlassen, indem sie monoton an den Wänden 'scharrten'. Gestern fand ich dann vier Arbeiterinnen tot vor. Ob es sich um die Arbeiterinnen handelte, die versuchten das Formicarium zu verlassen, kann ich leider nicht sagen - dazu hätten die Tiere markiert werden müssen. Ob es sich um begattete Tiere handelte, kann ich selbstverständlich auch nicht sagen. Mir kam heute in den Kopf, dass diese Tiere eventuell von den Männchen begattet wurden und nun versuchten, den Nestbereich zu verlassen, um selbständig eine neue Kolonie zu gründen. Gleichzeitig war mir aber klar, dass königinlose Arten zur Nestgründung immer in ihr Heimatnest zurückkehren, da sie alleine nicht zur Neugründung fähig sind. Es kommt später dann zur 'Fission' (Abspaltung) der Kolonie in zwei eigenständige.

Eventuell werde ich den Versuch starten, andere Arbeiterinnen, die ebenfalls versuchen das Formicarium zu verlassen, in ein anderes Becken umzusetzen, und dann mal beobachten, was passiert. Vielleicht beginnt dann eines dieser Tiere, diploiden Nachwuchs zu produzieren.

So schön die königinlosen Arten auch sind: man steht in gewisser Weise immer vor einem Rätsel. Lebt die Cheffin noch? :-k

Zwei andere Ideen die ich hatte, die das aktuelle Ausbleiben neuen Nachwuchses begründen würden sind: jahreszeitbedingte (oder genetisch programmierte) Inaktivität, oder Selbstkontrolle der Koloniegröße: da meine Kolonie die Maximalgröße von ca. 100-110 Tieren erreicht hatte, wäre ein weiteres Anwachsen eher unwahrscheinlich gewesen.

Beides müsste aber irgendwann ein Ende haben, und die Nachwuchsproduktion wieder einsetzen. Ich denke aber, dass wohl eher die Gamergate nicht mehr vorhanden ist.

Ich stelle mich also auf ein Ende der Kolonie ein. Mal sehen ... :?

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Beitragvon Stefan_K » 28. Mai 2006 14:19

28.05.2006 - nach 3 Monaten ohne Nachwuchs wieder Larven entdeckt!

Nur ganz kurz, da ich nicht viel Zeit habe: nach 3 Monaten ohne eine einzige neue Larve, aber mit Massen von Eipaketen, ist jetzt plötzlich wieder neuer Nachwuchs im Anmarsch.

Das kann ich mir nur wie folgt erklären:

1.) Entweder die Gamergate ist nicht gestorben und war die ganze Zeit anwesend, hat aber mit der Produktion von Nachwuchs pausiert (vielleicht weil die Koloniegröße ihre übliche Maximalgröße erreicht hatte)
2.) Eines der Männchen, welche Gerhard mir zugeschickt hatte, hat sich doch mit einer der dominanten Arbeiterinnen gepaart
3.) Wenn keine Gamergate vorhanden ist, dann muss aus irgendwelchen Gründen jetzt plötzlich mit der Produktion von Männchen begonnen worden sein

Bin ratlos - hatte ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet, dass sich aus all den Eiern doch noch Larven entwickeln, da ja ca. 3 Monate lang nur Eier vorhanden waren, mit denen aber rein garnichts passierte.

Also: wenn nur Männchen produziert werden, dann geht's weiter bergab mit der Kolonie. Falls neue Arbeiterinnen auftauchen, dann ist entweder die alte Gamergate noch da, oder eine der dominanten Arbeiterinnen hat sich von einem Männchen begatten lassen und ist nun die neue Gamergate. Das wäre natürlich super ... :)

Mal überraschen lassen... Dass wenige Wochen nach Zugabe der fremden Männchen jetzt plötzlich Larven auftauchen, lässt mich ein wenig hoffen.

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Beitragvon Stefan_K » 6. Jun 2006 16:41

05.06.2006 - Weitere Larven - Ende der Eiproduktion bei dem Großteil der Arbeiterinnen

Auch diesmal nur ein kurzes Update, da ich im Moment sehr viel Arbeit habe und es auch nicht allzu viel zu berichten gibt, bis auf dieses:

Vor ca. 4-5 Monaten begannen ja der Großteil der Arbeiterinnen mit dem Eierlegen. Dies ist bei königinlosen Arten normalerweise ein Zeichen dafür, dass die Gamergate verstorben ist. Gleichzeitig kam kein Nachwuchs mehr nach, und ich war mir sicher, dass die Kolonie zugrunde geht (s.o.).

Jetzt sieht das ganze anders aus: der Großteil der Arbeiterinnen hat aufgehört Eier zu legen! Nur noch zwei Tiere tragen Eipakete zwischen den Mandibeln (so war das auch in der Hochphase der Kolonie). Die Eiproduktion durch Arbeiterinnen wird ja durch die Anwesenheit eines begatteten Tieres (Gamergate) gesteuert.

Deshalb denke ich, dass eventuell wirklich eine der Arbeiterinnen von einem oder mehreren der Männchen, die Gerhard mir geschickt hatte, begattet wurde. Denn sonst kann ich mir nicht erklären warum

1.) jetzt plötzlich, nach 3-4 Monaten reiner Inaktivität wieder Larven vorhanden sind
2.) die ganze Zeit lang eine Vielzahl von Arbeiterinnen Eier legten
3.) aus allen gelegten Eiern absolut kein Nachwuch entstand
4.) nun nur noch eine oder zwei Arbeiterinnen Eier legen und die anderen Arbeiterinnen die Eiablage komplett eingestellt haben, was durch die Anwesenheit einer (neuen) Gamergate erklärt werden könnte

Ist schon seltsam, und Gewißheit werde ich erst haben, wenn das erste Tier geschlüpft ist. Was mich aber zuversichtlich stimmt ist, dass nach 3-4 Monaten Ruhe und einer Massenproduktion von Eiern aus denen sich nichts entwickelte, jetzt einige Wochen nach Hinzugabe der fremden Männchen plötzlich eine Veränderung im Verhalten und auch wieder zukünftiger Nachwuchs zu beobachten ist.

In diesem Sinne also:

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Beitragvon Stefan_K » 25. Jun 2006 23:34

25.06.2006 - Erste leere Puppenhülse gefunden

Morgens fand ich eine Arbeiterin vor, die eine leere Puppenhülse durch das Formicarium schleppte. Es ist also soweit: es schlüpfen die ersten Tiere nachdem Monate lang kein Nachwuchs kam (siehe Berichte oben).

Ich habe sofort die Nestbereiche untersucht, konnte aber kein männliches Tier vorfinden. Ob das ein gutes Zeichen ist, kann ich nicht sagen, da ich ja nun einmal nicht gesehen habe, ob überhaupt ein Tier aus dem Kokon geschlüpft ist, oder ob das Tier darin sich nicht vollständig entwickelt hat, und der Kokon deshalb geöffnet und der Inhalt gefressen bzw. 'entsorgt' wurde. Allerdings habe ich im Nest und auf der Abfallhalde der Kolonie auch keine Überreste eines unvollstänig entwickelten Tieres gefunden.

Ich bin also zurückhaltend optimistisch. Dass auch nur noch 2 Tiere Eipakete tragen ist ein weiteres gutes Zeichen (s.o.).

Insgesamt sind ca. 15 Kokons im Nest, und ebensoviele Larven, die kurz vor der Verpuppung stehen. Ausserdem zwei Eipakete, und einige Larven in frühen Entwicklungsstufen.

Es sieht verdammt gut aus ... kann sein, dass bei mir eine Begattung in Gefangenschaft erfolgreich war.

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Beitragvon Stefan_K » 30. Jul 2006 13:44

30.07.2006 - eher schlechte Nachrichten

Nachdem vor 8 Wochen die ersten Larven aufgetaucht waren, und zuvor eine lange Phase komplett ohne Nachwuchs war (s.o.), schlüpfen jetzt die ersten Tiere. Die leere Puppenhülse, von der ich im Bericht zuvor sprach, enthielt wohl ein totes Tier, denn nun weiß ich, wie lange die Entwicklungszeit vom Ei bis zum fertigen Tier ist: ca. 8 Wochen. Da konnte also noch kein fertiges Tier geschlüpft sein.

Die schlechte Nachricht ist: ich glaube, dass bisher nur Männchen geschlüpft sind. Allerdings habe ich nicht unbedingt den Eindruck, dass die Kolonie in Bezug auf die Zahl der Arbeiterinnen schrumpft. Es kann also sein, dass auch das ein oder andere Weibchen geschüpft ist, allerdings bin ich da doch skeptisch.

Ich habe heute 6 leere Puppenhülsen vorgefunden, und 5 Männchen im Nest entdeckt.

Das ganze ist trotzdem interessant, wenn man sich die Ereignisse der letzten Monate einmal vor Augen führt: vor ca. 5 Monaten stoppte die Nachwuchsproduktion. Dann trug fast jede zweite Arbeiterin Eipakete zwischen den Mandibeln. Vor 8 Wochen dann trugen plötzlich nur noch zwei Tiere Eipakete, und neuer Nachwuchs tauchte auf. Das ließ mich vermuten, dass eine neue Gamergate vorhanden ist, und diese von einem der Männchen die Gerhard mir zugeschickt hatte, begattet wurde.

Das interessante an der aktuellen Entwicklung und der offensichtlichen Produktion von Männchen ist: so wie es aussieht, kontrolliert auch bei Abwesenheit einer Gamergate eines der Tiere die anderen Tiere durch ein spezielles Pheromon um die Eiablage der anderen Tiere zu unterdrücken. Üblicherweise geschieht das nur, wenn ein begattetes Tier anwesend ist. Was das für einen Sinn hat bei der aktuellen Situation, wo keine Gamergate vorhanden ist, ist mir nicht klar. Es ist aber definitiv so, dass nur noch zwei Tiere Eier herumtragen, und nicht wie vor einigen Monaten fast jedes zweite Tier.

Seltsam ist das - in keinem der Berichte, die ich über königinlose Arten gelesen hab (und das waren verdammt viele), wird erwähnt, dass die Eiproduktion durch Arbeiterinnen auch bei Abwesenheit eines begatteten Tieres von einem der Tiere kontrolliert wird.

Insofern bin ich ratlos: wenn weiterhin nur Männchen schlüpfen, dann gibt's keine Gamergate in der Kolonie mehr. Warum dann aber nur ein oder zwei Weibchen Eier legen, ist mir ein Rätsel, vorallem weil's ja in der Vergangenheit anders war (s.o.).

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Beitragvon Stefan_K » 9. Aug 2007 10:21

09.08.2007 - Kurzupdate zum Ende der Kolonie

Mir ist zu Ohren gekommen, daß gerade earlant es bedauert, daß einige Haltungsberichte unangekündigt aufhörten und nicht fortgesetzt wurden - er vermutete, daß die entsprechenden Kolonien wohl 'eingegangen' seien.

Nun - ich halte mich hier im Forum so gut wie gar nicht mehr auf, möchte aber trotzdem hiermit über den Stand meiner Pachycondyla kruegeri Kolonie aufklären:

Ereignisse:

* die Gamergate der Kolonie ist Mitte letzten Jahres eingegangen. Wann genau kann ich nicht sagen - es fehlte plötzlich an weiblichem Nachwuchs. Siehe Berichte oben.
* Versuch des Pushens mit 'koloniefremden' Männchen, und einer eventuellen Begattung eines der Weibchen durch die fremden Männchen schlug fehl. Einige der Männchen wurden zwar 'adoptiert', andere wurden unmittelbar nach auftauchen im Formicarium getöten, doch zur Begattung kam es nie.
* Die verbliebenden Arbeiterinnen produzierten bis zum Tod des letzten Tieres männlichen Nachwuchs.
* Ende der Kolonie Anfang Mai 2007.

Ende des Haltungsberichtes
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