Eine neue Ameisendiät

Hier können wissenschaftliche Informationen zu Ameisen eingetragen werden.

Eine neue Ameisendiät

Beitragvon earlant » 5. Mär 2007 18:51

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Hier habe ich über eine neu entwickelte, voll synthetische Diät für Ameisen berichtet (Datum 5.3.2007).
Für die Halter wird sie allerdings auch keine Alternative sein; aber es ist vielleicht lehrreich zu erfahren, welche Mühe es den Forschern macht, so etwas zu konzipieren! Und wie wenig man dann die Ergebnisse verallgemeinern darf.

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Beitragvon jofausk » 6. Mär 2007 08:47

Hallo,

das freut doch den Chemiker!

Beachtlich finde ich aber schon, dass der Anteil der Kohlenhydrate in diesem Nährstoffmix weit unterhalb von 1% liegt.
Da haben es die Ameisen schon gut, dass sie als Insekten nicht ständig eine konstante Körpertemperatur einregeln müssen.

Ciao, JoFausK.
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Beitragvon earlant » 6. Mär 2007 14:30

Hallo jofausk,

Ganz großen Dank dafür, dass Sie sich die Zahlen angesehen haben! Ich muss gestehen, dass ich das nicht gemacht habe.

Wenn man alles zusammenrechnet, müssen die Ameisen also 100 Milliliter (ca. 100 Gramm) von der Flüssigkeit aufnehmen um gerade mal 2.2 Gramm Proteinbaustoffe (Aminosäuren) und ca. 20 tausendstel Gramm Kohlenhydrate zu erhalten: Ein arg dünnes Süppchen, das kaum noch süß schmecken dürfte!

Ich werde einen der Autoren anmailen, ob nicht zumindest bei der Saccharose (sucrose) ein "m" zuviel steht: 20 g statt mg kämen mir wahrscheinlicher vor!

Ansonsten sollte dieser thread durchaus für Diskussionen und Rückfragen genutzt werden. Zusammensetzung der Ameisen-Nahrung und Futterzusätze sind ja immer wieder mal Thema.

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Edit: Die Rückfrage ergab, dass ein Druckfehler vorliegt: Von der Saccharose wurden 20 % (w/v), also Gewichtsprozent, zugegeben!
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Beitragvon jofausk » 7. Mär 2007 08:51

Hallo,

ja, so wird die Sache schon klarer. Ich hatte mir schon überlegt die ganze Honig-Fütterei aufzugeben, denn soviel (sowenig) Kohlenhydrate sind in Futterinsekten allemal vorhanden.
Aber wer weiß? Allgemein bekannt ist ja, dass man auch und gerade mit homöopatischen Dosen eine ganze Menge erreichen kann. :roll:

Übrigens kommt mir auch das 1 mg Agar etwas wenig vor. Das soll doch vorzugsweise als Geliermittel wirken? Aber 1 mg ?... eher 1 g !

"Warum" diese ganzen Inhaltsstoffe sein müssen sehe ich mit meinem eher bescheidenen biochemischen Wissen ja noch ein, aber das Mengenverhältnis mutet sehr nach Magie an. Eine realistische Protein-Zusammensetzung in der Natur sieht anders aus.

Nichtsdestotrotz ein guter Ausgangspunkt für weitere Arbeiten. :)
Ciao, JoFausK.
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Beitragvon earlant » 7. Mär 2007 11:52

@ jofausk,

Alles richtig! Die Zusammensetzung erscheint ein wenig willkürlich gewählt. Aber irgendwie muss man anfangen.

JEDE EINZELNE Abänderung einer einzigen Zutat (z.B. mal von einer Aminosäure 50 mg statt 100, oder eine Verdopplung, oder das völlige Weglassen) würde bedeuten, dass man den ganzen, 3 Monate laufenden Versuch ansonsten exakt wiederholen müsste, um die Auswirkung dieser einen Abänderung wirklich erfassen zu können. Und das dann multipliziert mit allen Ingredienzien, mal 3 oder 4 unterschiedliche Mengen von jeder, ... Man kommt rasch in den Bereich astronomisch hoher Versuchszahlen, die einfach nicht durchführbar sind!

Man fängt also mit einer einigermaßen brauchbar erscheinenden Mischung an, stellt fest, dass die Ameisen in der gegebenen Zeit und unter den gegebenen Umständen "vernünftig" Brut aufziehen. Jetzt kann man einzelne Bestandteile z.B. weglassen, um zu sehen, ob die Ameisen etwa eine bestimmte Aminosäure selbst synthetisieren können oder nicht.

Ein Ziel war auch, feststellen zu können, ob die bei Camponotus in den Darmzellen vorhandenen Endosymbionten der Gattung Blochmannia für die Ameisen wirklich eine positive Bedeutung haben.
Wie der Arbeit zu entnehmen ist, haben alle bisher untersuchten Arten der Gattungen Camponotus und der nahe verwandten Polyrhachis solche Endosymbionten (Diese "Gamma-Proteobakterien" sind in speziellen Darmzellen, Bakteriozyten, zwischen den Mitteldarmzellen untergebracht).

Als Ergänzung noch: Anders als ich zuerst angenommen hatte, wird kurz berichtet, dass auch die Eiablage von Königinnen bei alleiniger Fütterung mit der Diät über 4 Monate nicht nachgelassen habe. Das waren anscheinend Vorversuche, die nicht Hauptthema des Artikels sind.

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Beitragvon jofausk » 7. Mär 2007 13:29

earlant hat geschrieben:Als Ergänzung noch: Anders als ich zuerst angenommen hatte, wird kurz berichtet, dass auch die Eiablage von Königinnen bei alleiniger Fütterung mit der Diät über 4 Monate nicht nachgelassen habe.

Was immerhin im starken Gegensatz zu der viel diskutierten Bhatkar-Diät steht. Interessiert würde mich hier noch, warum die bei dem Vergleich eine Bhatkar Diät +Schaben+ Honigwasser als Vergleich genommen haben, und nicht gleich nur mit Insekten und Honig gefüttert haben? Ist es im Labormaßstab denn so üblich die Ernährung der Ameisen auf der Bhatkar-Diät aufzubauen?

Die Begründung der einzelnen Inhaltsstoffe ist in dem Paper recht ausführlich dargestellt und die Einflüsse des Zusammensetzungsverhältnisses bzw. der Diät auf unterschiedliche Kolonie-Größen soll ja auch im weiteren untersucht werden.

Ein spannendes Thema, das mindestens eine Doktorarbeit wert ist.

Doch zurück zum Anspruch eines Ameisenhaltungsforums:
Bin mal gespannt wann das erste vollsynthetische Ameisenfutter auf dem Markt ist. :roll:

Ciao, JoFausK.
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Videos!

Beitragvon earlant » 7. Mär 2007 16:22

Exakt passend zum Thema kamen heute zwei Kurzvideos auf Youtube. Sie zeigen Larven von Camponotus ligniperda beim Fressen von Mehlwurmstückchen, die von den Arbeiterinnen auf den Bauch der Larven gelegt wurden.

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Bitte beim Hauptartikel runterscrollen bis zu dem Beitrag über Camponotus.

Ich habe die links mit Einwilligung des Autors eingefügt. Vielen Dank an jenen auch hier!

Auch bei Camponotus dürfte also eine getrennte Fütterung von Proteinen und Kohlenhydraten (und wahrscheinlich Drüsensekreten) dem natürlichen Verhalten entsprechen.

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EDIT: Die Veröffentlichung in Insectes Sociaux basiert auf der Diplomarbeit von J. Straka; seine Betreuerin ist Frau Dr. H. Feldhaar. Kann man auf der Seite des "Biozentrum der Universität Würzburg" finden, Zoology II.

Und: Nein, Bhatkar-diet ist nicht die Grundlage für solche Arbeiten, obwohl sie leider oft benutzt wird. Oft auch mit ganz bedauerlich zweifelhaften Resultaten.
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