Bestmögliche Ausrüstung für die Braunschwarze Rossameise

Hier kann diskutiert und gefragt werden.

Re: Bestmögliche Ausrüstung für die Braunschwarze Rossameise

Beitragvon Katinka » 12. Nov 2018 20:20

Hallo!
Ich bin ganz neu hier und habe bisher lediglich mit anderen Hautflüglern Erfahrungen gesammelt. Ich bin Hornissenberaterin und Imkerin. Nun möchte ich sehr gerne auch Ameisen näher studieren in einem eigenen Formicarium. Ich möchte am liebsten eine Mitteleuropäische Art, eine, die für Anfänger geeignet ist und am liebsten eine größere Art. Daher habe ich mich für die Braunschwarze Rossameise entschieden. Nun komme ich aber nicht mehr weiter, daher hätte ich ein paar Fragen.
1. Meinen Sie, dass diese Art ab März 2019 wieder bestellt werden kann? Es eilt nicht. Ich warte gern bis nach der Winterruhe.
2. Ich möchte gerne nur 1 Kasten mit integriertem Nest. Ist das Starter Set M - Combi für diese Art geeignet? Welche Größe wäre gut? Ich möchte ja, dass sie sich möglichst lange darin wohl fühlen.
3. Ich möchte gerne ein fertiges Nest dazu kaufen. Welches würde da passen?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe!

Katja
Katinka
newbie
newbie
 
Beiträge: 2
Registriert: 12. Nov 2018 17:53
Land: Germany (de)
Hat sich bedankt: 0 Danke
Danke bekommen: 0 Danke

Re: Bestmögliche Ausrüstung für die Braunschwarze Rossameise

Beitragvon Serafine » 12. Nov 2018 23:53

Katinka hat geschrieben:1. Meinen Sie, dass diese Art ab März 2019 wieder bestellt werden kann? Es eilt nicht. Ich warte gern bis nach der Winterruhe.

Hallo! =)

Die braunschwarze Rossameise Camponotus ligniperda hat - je nach Witterungsbedingungen - ab Anfang Mai bis Ende Juni ihre Paarungsflüge (die Geschlechtstiere überwintern als ausgewachsene Ameisen im Nest und fliegen in den ersten warmen Wochen des Jahres), dann dürfte es wieder welche zu kaufen geben.

Katinka hat geschrieben:2. Ich möchte gerne nur 1 Kasten mit integriertem Nest. Ist das Starter Set M - Combi für diese Art geeignet? Welche Größe wäre gut? Ich möchte ja, dass sie sich möglichst lange darin wohl fühlen.

Grundlegend braucht man für die Art in den ersten zwei Jahren nur ein Reagenzglas (bzw. mindestens zwei, um ein neues anzubieten falls das vorhandene austrocknet), etwas Watte und eine halbwegs geräumige Arena (mindestens 30x20cm) mit etwas Bodensubstrat (Sand-Lehm, etwas groben Sand/Kies, Rindenstückchen, etc.). Plus natürlich eine Futterschüssel für ein paar Tropfen Honigwasser/verdünnten Ahornsirup und das ein oder andere tote Insekt/Spinne die Woche.

Katinka hat geschrieben:3. Ich möchte gerne ein fertiges Nest dazu kaufen. Welches würde da passen?

Camponotus ligniperda wächst unglaublich langsam - im ersten Jahr kann man mit 4-10 Arbeiterinnen rechnen, im zweiten Jahr mit 20-50. Beheizen bringt auch nichts, denn die Art hat quasi einen "ein-Jahres-Plan" und wenn sie mit dem durch sind wird der Betrieb auf das absolut notwendige Minimum heruntergefahren, egal ob es Anfang Juni oder Ende September ist. Heizen verkürzt bei Camponotus ligniperda v.a. in den ersten Jahren nur die Aktivitätsperiode.

Ein Nest ist die ersten 2 Jahre nicht nötig (und wahrscheinlich sogar eher kontraproduktiv), ein Reagenzglas in einer einigermaßen geräumigen Arena reicht völlig aus. In Jahr 3 oder 4 (je nachdem wie gut sich die Kolonie entwickelt) kommt dann die Zeit wo es sich lohnt über ein Nest (evtl. zumindest teilweise aus Holz, da die Art gerne in Holz nistet) nachzudenken.

Mit den Jahren wird die Kolonie erheblich an Größe zunehmen - typischerweise in Jahr 4 oder 5 passiert der Sprung von wenigen Hundert Arbeiterinnen in die Tausende. Da ist es dann mit einem Becken auch nicht mehr getan und man muss erweitern. Die potentielle Endgröße einer Kolonie liegt bei C. ligniperda bei weit über 10.000 Arbeiterinnen (das ist schon eine ganze Menge, aber doch weniger dramatisch im Platzverbrauch als es sich anhört).



Wenn das von der Entwicklung zu langsam ist (bei Camponotus ligniperda und auch bei Camponotus herculeanus braucht man halt wirklich seeeehr viel Geduld) wären mediterrane Rossameisen (Camponotus barbaricus, Camponotus cruentatus) eine Alternative. Die sehen recht ähnlich aus, wachsen aber um ein vielfaches schneller und haben nur eine reduzierte Winterruhe (3-4 Monate bei 10-15°C).

Ich selbst halte Camponotus barbaricus (aktuell ca. 5000 Arbeiterinnen nach 2,5 Jahren) und zitiere mich einfach mal ganz frech aus einer anderen Diskussion über Einsteigerarten:

[...] Wenn du absolut unproblematische Ameisen suchst, die nie irgendwie Ärger machen, aber halt auch echt entspannt und eher weniger hyperaktiv sind wären Camponotus barbaricus auch noch eine Option. Die sind halt vorwiegend nachtaktiv (ab ein paar hundert Arbeiterinnen sind auch tagsüber welche unterwegs, aber so richtig viele halt nur wenn es mindestens sehr schattig ist), aber wirklich die mit Abstand unproblematischsten Großkolonie-Ameisen von denen ich bisher gelesen hab (sofern man ihnen genügend Platz bietet) und vermehren sich für Camponotus bei guter Pflege auch enorm schnell (meine gingen von 4 auf über 1000 in einem Jahr) - auch sind die Majore mit bis zu 18mm echt beeindruckend (die werden größer als die Königin).
Sie benötigen halt Futterinsekten (Mehlwürmer und Superworms werden nicht angenommen, aber der ganze Rest - Grillen, Heimchen, Heuschrecken, Fliegen, Maden, Bienenbrut, Schaben, Spinnen, Nassfutter für Katzen - geht sehr gut), aber auch weniger als man für soviele Ameisen erwarten würde. Und sie trinken Unmengen an verdünntem Ahornsirup (meine mittlerweile um die 5k Arbeiterinnen schaffen eine 250ml-Flasche Sirup in unter 2 Monaten).
Sie haben zudem ebenfalls nur abgeschwächte Winterruhe, Heizkabel ausstecken reicht, die kann man im Zimmer bei 18 bis 20°C überwintern (so wirklich Winterruhe halten sie sowieso nicht, sie sind nur für 3-4 Monate etwas weniger aktiv als sonst und produzieren in der Zeit auch kaum Puppen/Arbeiterinnen).

Von meiner Kolonie gibt es einen (ziemlich umfangreichen) Haltungsbericht im Ameisenforum:
https://www.ameisenforum.de/camponotus- ... 4-112.html

Wie gesagt, die wären eine Option, wenn du absolut unproblematische aber dafür halt auch weniger aktive Ameisen möchtest. [...]

Bild
Bild

Ebenfalls eine Option wären Messor barbarus, die in ganz Europa sehr populär sind, da sie als Körnerfresser interessant zu beobachten und sehr günstig im Unterhalt sind (Vogelfutter bekommt man für wenig Geld in kiloschweren Säcken). Die sind auch recht groß und vermehren sich doch recht zügig. Sind allerdings etwas exzentrische Ameisen mit ihrem eigenen Set an Herausforderungen (sie treiben gerne Schabernack, buddeln alles um und demolieren die Einrichtung bzw. zerlegen alles was nicht niet- und nagelfest ist), aber dafür auch ein Ausbund an Aktivität und sehr interessant zu beobachten.
Zuletzt geändert von Serafine am 13. Nov 2018 12:55, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Serafine
member
member
 
Beiträge: 390
Registriert: 8. Mär 2017 12:36
Land: Germany (de)
Hat sich bedankt: 58 mal
Danke bekommen: 91 mal

Re: Bestmögliche Ausrüstung für die Braunschwarze Rossameise

Beitragvon Katinka » 13. Nov 2018 09:22

Wow, vielen lieben Dank für die ausführliche Erklärung!! Das ist alles höchst interessant und ich werde mich gleich darüber hermachen, mich weiter auch über die anderen Arten zu informieren. Gibt wieder ganz viel nachzulesen! Außerdem beruhigt mich die Tatsache, dass ich anscheinend nicht sofort ein Nest anbieten muss. Ich melde mich dann gerne wieder zurück, sobald ich wieder konkretere Fragen habe :)
Bis dahin ganz vielen Dank und liebe Grüße,
Katja
Katinka
newbie
newbie
 
Beiträge: 2
Registriert: 12. Nov 2018 17:53
Land: Germany (de)
Hat sich bedankt: 0 Danke
Danke bekommen: 0 Danke


Zurück zu Camponotus - Diskussion und Fragen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast