Okay liebe Ameisenfreunde, ich war auf der Suche nach einem neuen Projekt und wollte mal etwas neues ausprobieren...
Ameisenhaltung mache ich seit 2.5 Jahren und habe verschiedene "Standard"-Dinge ausprobiert. Meine erste Kolonie war eine Formica fusca, welche ich immer noch besitze und die sich diesen Sommer super vermehrt hat. Zwischenzeitlich hatte ich eine Lasius niger, welche sich bis zu einem Bewässerungsunfall prächtig entwickelte, dann jedoch zu Grunde ging und experimentiere gerade mit einer Messor barbarus im Ytong-Nest herum.
Über diverse Videos bin ich irgendwann auf Myrmica rubra aufmerksam geworden und bin recht fasziniert, insbesondere weil es eine "einfach zu haltende" und recht aggressive Art sein soll und vor allem, da sie prinzipiell polygyn ist und durch Inzucht "unsterblich" sein könne.
Bislang hatte ich meistens Antstore-Sandfarmen mit Arena benutzt, diesmal wollte ich aber etwas neues ausprobieren. Eigentlich träume ich davon, ein eigenständiges Biotop aufzubauen, welches sich selbst bewirtschaftet und reguliert. Nach vielem Haltungsberichtstudium muss ich davon wohl ablassen, zu viele Faktoren spielen in der Realität eine Rolle, als dass man sie simulieren könnte (beeindruckt bin ich vor allem von sogenannten versiegelten bottled gardens, siehe Hyperlinks sind nur für registrierte Nutzer sichtbar ) und üblicherweise kommt es wohl zu Schimmel, Fäulnis und "sumpfartigen" Zuständen. Sieht nicht toll aus, riecht schlecht, keine gute Idee
Außerdem wollte ich versuchen, Anfängerfehler, die ich nach wie vor mache, zu minimieren. Besonders meine Neugier war hier und da ein Problem und hat mich zu Fehlern verleitet. Also wollte ich den Tierchen möglichst viel Privatsphäre und "Tarnung" bieten. Nach etwas längerem Abwägen habe ich mich für ein Erdnest mit Humus entschieden. Um ausreichend Platz für die Viecher zu haben, die Kolonie soll ja bitte schnell und erfolgreich wachsen, und dennoch den Haussegen nicht zu ruinieren, habe ich mich für ein 40x30x30cm Becken entschieden, vorerst ohne Anschlüsse oder sonstigen Schnickschnack. Etwas Inspiration habe ich dabei von einem youtube-Kanal bekommen (weiß nicht genau, ob ich den hier nennen darf, da er diesen gewerblich betreibt. Das gemeinte Becken schimpft sich hacienda del dorado). Im Gegenteil zu meinem Becken handelt es sich dabei um "Tropenbecken" mit Befeuchtung, Beleuchtung und Beheizung und dort finden tropische Ameisen ihr Zuhause. Die Umstände sind also keineswegs vergleichbar. Aber das Konzept, den Ameisen mehr Schutz und Platz zu bieten und dabei das Furagieren umso interessanter zu machen, fand ich klasse.
Den geeigneten Platz für das Becken habe ich in unserer Küche ausfindig gemacht. Diese hat zwei Nordfenster, es wird dennoch ziemlich hell und mittelmäßig warm dort, dafür keine direkte Sonneneinstrahlung.
Okay, soweit so gut. Da ich in der Küche bzgl. Ausbruchschutz auf Nummer sicher gehen wollte und mittelmäßige Luftzirkulation für sinnvoll erachte, habe ich mich für den Glasdeckel mit Metallgitter von Antstore entschieden, zusätzlich (damit man zwischenzeitlich auch bedenkenlos mehr lüften oder füttern kann, ein ca 3cm Paraffinölfilm am Rand.
Darauf kam eine Schicht Sand, einfach als Abtrennung:
Dann der Humus
Und etwas Deko:
Fertig. Ach halt... da fehlt noch was. Richtig, die Damen, die das Becken erkunden, erorbern, bevölkern und ihr eigen nennen sollen.
Bislang hatte ich alle Ameisen vom Antstore bezogen, was einfach war, da ich unmittelbar in der Nähe wohne. Leider gab es aktuell keine einzige Myrmica rubra Kolonie. Durch Zufall bin ich allerdings auf eine in der Ameisenauktion aufmerksam geworden und als ich sah, dass der Verkäufer ebenfalls in der erweiterten Nachbarschaft wohnt, sah ich das als Zeichen
Erworben habe ich eine Kolonnie mit (mutmaßlich) einer Gyne und (beworben) als ca 50 Arbeiterinnen. Nach kurzem Kontakt habe ich diese persönlich abgeholt und war doch etwas überrascht, denn geschätzt waren deutlich mehr Arbeiterinnen und eine ganze Menge Brut in allen Entwicklungsstadien im Reagenzglas (evtl sogar 200?)! Zusätzlich hat mir der liebe "Antkönig", auch hier im Forum aktiv, noch kleine Näpfe dazugepackt, nochmals Dickes Dankeschön dafür!
Ausgegraben hat er diese übrigens in seinem eigenen Garten unter einem großen Blumentopf, wie alt diese ist, ist leider unklar.
Da ich nicht genau wusste, wie lange die Kolonie bereits im Reagenzglas war und ich mit den Vorbereitungen mit dem Becken noch nicht ganz fertig, hab ich diese für 2 Tage in einer kleinen Arena geparkt, wo ich sie füttern konnte. Und staunte nicht schlecht, als diese sich innerhalb von 10 Minuten über den Honig hermachten
Im Anschluss haben sie die kleinen Heimchen gefressen, offensichtlich waren sie etwas ausgehungert... Nun gut. 2 Tage später war es dann soweit, der Umzug stand an.
Das Reagenzglas habe ich einfach offen ins Becken gelegt, sonstige Reize "Beleuchtung, Wärme etc habe ich nicht benutzt. Sofort haben einige Arbeiterinnen mit der Erkundung angefangen. Als ich am nächsten Morgen dann ins Becken schaute, waren tatsächlich alle, inklusive Gyne und Brut, ausgezogen und haben es sich irgendwo gemütlich gemacht.
Mittlerweile habe ich das mutmaßliche Nest lokalisieren können, es gibt mehrere Eingänge da, wo die Holzwurzeln auf dem Humus aufliegen.
Vor wenigen Tagen sind dann endlich Springschwänze geliefert worden, welche ich freudig gleich mit ins Becken gegeben habe. Hier und da sah man dann Arbeiterinnen mit "weißem Punkt" im Mund rumlaufen, offensichtlich schmecken die auch ganz gut. Demnächst will ich noch weiße Asseln dazutun, da muss ich einfach etwas experimentieren...
Füttern tue ich einfachen Honig, unverdünnt und bisher habe ich täglich 3-4 kleine Heimchen auf das Holz gelegt, welche innerhalb von 10 Minuten in das Nest getragen wurden. Offensichtlich besteht noch Bedarf. Dazu gibt es ein kleines Reagenzglas mit Wassertank, welches bisher noch gemieden wird. Offensichtlich ist genug Kondenswasser vorhanden.
Das ganze läuft jetzt seit ca 2 Wochen und macht mir große Freude. Um Myrmicae zu entdecken, muss man genau hinschauen, es sind aber ständig ca 10 Arbeiterinnen aktiv auf der Suche, wenn Heimchen gefüttert werden auch mehr.
Ich habe diverse Pläne, wie die Reise weitergehen soll, mal sehen, welche davon ich in die Tat umsetzen kann. Letzte Woche habe ich noch einen ficus pumila, eine in die Breite wachsende Birkenfeige erworben, welcher sicherlich mit Insektiziden gespritzt ist und frühestens nächstes Jahr verwendet werden könnte (aber man muss ja voraus planen ) Zudem habe ich etwas Moossamen verstreut, ob das eine gute Idee war, werden wir dann sehen Haha...
Also ich hoffe, ich kann euch regelmäßig auf dem Laufenden halten und freue mich über jede Anregung, Tipps, Anekdoten und Hilfe, gerne auch einfach hier in diesem Thread (oder sollte man dafür einen extra "Diskussionsthread" eröffnen???)
Liebe Grüße
Euer Friedelhain