Tapinoma erraticum Haltungsbericht

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Tapinoma erraticum Haltungsbericht

Beitragvon baumarkthammer » 11. Aug 2014 14:11

Steckbrief

Subfamilia: Dolichoderinae
Genus: Tapinoma Förster, 1855
Species: Tapinoma erraticum (Latreille, 1798)


Verbreitung: Süd- bis Mitteleuropa, laut Seifert 134 Fundorte in DE
Habitat: vorwiegend Trockenwiesen, sehr selten in lichten Wäldern, meidet urbane Gegenden
Kolonie Struktur: Stark polygyn, polydom.
Koloniegröße: Wenige tausend Arbeiterinnen (durch stark ausgeprägte Polydomie (Zweignestbildung) schwer zu schätzen)
Gründung: Wahrscheinlich durch Nestteilung (laut Seifert nur ein mal beim Flug beobachtet), Begattung innerhalb des Nestes häufig und schon in der Haltung beobachtet
Nestbau: Kleine Erdnester, wenig stabil, aus Erdmaterial locker gebaut. Umzüge sehr häufig.

Aussehen/Färbung

tapinoma königinnen.jpg


Königin: ca. 4-5mm, Monomorph, klein, durchgängig in einem matten schwarz.
Arbeiterinnen: ca. 2-3 mm, durchgängig in einem matten schwarz.


Kapitel 1: Leben in der Natur

Tapinoma erraticum leben vorwiegend auf Trockenwiesen.
Die Nester sind schlichte und kleine Erdnester aus lockerem Substrat, welche häufig einen zentralen Hohlraum aufweisen. Im Frühling werden teilweise Blüten eingebaut. Unter Steinen können die Tiere selten gefunden werden. Auch am Waldrand sind sie sehr spärlich vertreten, da sie von anderen Ameisen verdrängt werden.
Durch die leichte Bauweise der Nester sind Nestumzüge sehr häufig. Ein Schauer reicht häufig um die Nester von Tapinoma erraticum zu zerstören, Nestumzüge mehrmals im Monat sind deswegen eher die Regel.

tapinoma habitat.jpg


tapinoma nest.jpg


tapinoma umzug.jpg


Die Ernährung ist hauptsächlich carnivor. Dabei wird nicht aktiv gejagt, Tapinoma erraticum ist meinen Beobachtungen nach hauptsächlich ein Aasverwerter.
Im Frühling können die Arbeiterinnen aber teilweise auf zahlreichen Wiesenblüten beobachtet werden. Hingegen auf Zaunwicken können Tapinoma erraticum nicht gefunden werden, ebenso kann man sie nicht beim Besuchen von Blattläusen beobachten.
Wird Beute gefunden, so ist diese Art in der Lage sehr schnell große Zahlen von Arbeiterinnen zu rekrutieren, wie ich es ansonsten nur bei Pheidole pallidula in Südeuropa beobachten konnte. Dabei werden von den flinken Arbeiterinnen schnell dicht belaufene Straßen gebildet, welche mehrere Meter lang sein können und so plötzlich aufhören benutzt zu werden, wie sie angefangen haben. Dauerhafte Straßen wie etwa bei Lasius (Dendrolasius) fuliginosus bildet Tapinoma erraticum nicht. Auf Trockenwiesen ist diese Art sehr dominant gegenüber anderen Ameisenarten, das liegt zum einen an ihrem rasanten Rekrutierungsverhalten, zum anderen liegt das an dem sehr wirksamen Wehrsekret. Das Wehrsekret ist für den Menschen deutlich riechbar, wenn man etwa eine Arbeiterin zwischen den Fingern zerreibt. Kommt eine andere Ameise in Kontakt mit Tapinoma erraticum wird häufig die Flucht ergriffen und es folgt ausgedehntes und intensives Putzen. Aktive Jagd auf andere Ameisen konnte ich noch nicht beobachten, ebenfalls Raubzüge auf Nester halte ich für wenig wahrscheinlich.
Laut Seifert werden besonders Tetramorium effektiv bekämpft, was sehr interessant ist, wenn man bedenkt, dass Tetramorium bei Fehlen von Tapinoma eine der oder die dominanteste Art ist, welche man in solchen Trockenhabitaten in DE finden kann.

Es zeigt sich bei der Beobachtung im Freien, dass Tapinoma erraticum eine sehr thermophile Art ist. Selbst bei stärkster Sonneneinstrahlung ist es eine der wenigen Ameisen, welche ihre oberirdischen Nester nicht verlässt. Es ist aber auch eine der wenigen Ameisen, welche noch bei niedrigen Temperaturen furagiert, dies und die flachen und Temperaturschwankungen ausgelieferten Nester legen nahe, dass Tapinoma erraticum sehr robust sind was Abweichungen von einer theoretischen optimalen Temperatur angeht.

Ebenfalls ist zu bemerken, dass Tapinoma erraticum in zwei von mir untersuchten Feldabschnitten (durch Laubwald voneinander getrennt) keinerlei Aggressionen gegen Arbeiterinnen aus fremden Nestern zeigten. Selbst wenn man Arbeiterinnen aus Nestern zusammengesetzt hat, welche 100 Meter getrennt waren, so erfolgte kein Kampf und auch nach längerer Beobachtung konnte keine Feindseligkeit festgestellt werden. Der Schluss liegt also nahe, dass Tapinoma erraticum entweder generell unicolonial sind oder zumindest in Regionen mit sehr eng verwandter Population dazu neigen.


Kapitel 2: Haltung und die dafür nötigen Parameter

Temperatur: Tapinoma erraticum ist eine sehr robuste Art, welche zwar mit sehr niedriger Temperatur auskommt, aber hohe Temperatur bevorzugt.
Die Ameisen kommen zwar wunderbar mit Zimmertemperatur klar und diese niedrige Temperatur scheint ihnen nicht zu schaden, allerdings ist eine Form von Heizung empfohlen. Dabei allerdings eher die Temperatur im Nest von Bedeutung. Eine Heizmatte hat hier Sinn.
Eine genaue Zahl zur Temperatur ist da schwer zu formulieren, etwa 24-26°C im Nest sollten dauerhaft im Nest eine gute Lösung sein.

Nest/Becken:Von Haltung in einer Farm würde ich absehen, die Ameisen graben ungerne. Mit Ytong Nestern kommen die Tiere bestens zurecht, im Freien haben sie schließlich auch Nester, welche einen zentralen Hohlraum haben. Wenn man will, kann man die Tiere auch in Reagenzgläsern halten, dabei reichen 5 Reagenzgläser um eine größere Kolonie zu beherbergen.
Empfehlen würde ich von diesen Optionen allerdings eher ein Ytong-oder Gipsnest.

Feuchtigkeit: Was die Feuchtigkeit angeht, so ist Luftfeuchtigkeit ehr zweitrangig, Raumluftfeuchte ist den Tieren recht. Wichtig hingegen ist eine feuchte Niststelle, das Nest sollte wie bei den meisten Arten nie komplett austrocknen, das vertragen die Tiere schlecht. Ob eine externe Wasserquelle reicht habe ich noch nie ausprobiert, ich vermute allerdings wegen dem hauptsächlich oberirdischen Nestbau der Ameisen, dass dies möglich ist.

Ausbruchsschutz: Wie alle Arten, welche eine rasante Rekrutierung und Straßenbildung haben, sollte man den Ausbruchschutz nicht vernachlässigen.
Ich verwende wie bei fast allen Ameisen trocken aufgetragenes Talkum, welches ich für die Art ebenfalls empfehlen würde. Bei Tapinoma erraticum sollte auf regelmäßiges Erneuern des Ausbruchsschutzes Acht gegeben werden.

Ernährung: Die Fütterung kann mit fast allen frisch toten Kleintieren erfolgen, Hausspinnen, Mücken, Fliegen aber auch größere/schwerere Insekten wie Mehlwürmer, Zoophobas und Schaben werden gut genommen. Honig-und Zuckerlösung werden ebenfalls angenommen, bei großen Kolonien auch in sehr großen Mengen. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass nicht zu viel Honig- und Zuckerlösung gegeben werden, da besonders Große Kolonien dann eine überraschend große Menge Dreck produzieren, welcher schnell die Nestausgänge stark verschmutzen und verkleben kann.
Tapinoma erraticum ist nicht wählerisch was das Fressen angeht.

Nachzucht: Bei sehr wenigen Ameisenarten ist die Nachzucht bisher geglückt, hier ist Tapinoma erraticum allerdings eine Ausnahme. Bei Kolonien, welche groß genug sind um Geschlechtstiere hervorzubringen, kann man regelmäßig beobachten, dass die Paarung im Nest stattfindet. Das scheint auch während Umzügen ein normales Verhalten zu sein, wie auf Seite 256 des Seifert nachlesen kann.


Ausführlicherer Haltungsbericht folgt unter Umständen.
Fragen, Anregungen können hier gerne im Thread gepostet werden, für einen Diskussionsthread sehe ich momentan keine Notwendigkeit.
Gruß
Kaj
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