Nur wer seine Mutter frisst wird Männchen

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Nur wer seine Mutter frisst wird Männchen

Beitragvon earlant » 5. Jun 2007 11:17

Bin zufällig auf eine Arbeit gestoßen, die ich vor allem denjenigen empfehle, denen die Lebenszyklen von Ameisen nicht kompliziert genug erscheinen :D
Es geht um einen Verwandten der Ölkäfer (bei uns vertreten durch die Maiwürmer, Fam. Meloidae), die allgemein komplizierte Entwicklungszyklen durchmachen. Das hier aber ist wohl der Gipfel:

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The life cycle of Micromalthus debilisLeConte (1878) (Coleoptera: Archostemata: Micromalthidae): historical review and evolutionary perspective
D. A. POLLOCK & B. B. NORMARK
Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research
40, 105 - 112, 2002

Zusamenfassung:

Der Lebenszyklus von Micromalthus debilis LeConte 1878 (Coleoptera: Archostemata: Micromalthidae): historischer Überblick und evolutive Perspektive

Der Lebenszyklus von Micromalthus debilis LeConte 1878 ist der bizarrste innerhalb der gesamten Metazoen. Die Reproduktion ist im typischen Fall durch Thelytokie, Viviparie und larviforme Weibchen charakterisiert, aber auch eine arrhenotoke Phase kommt in seltenen Fällen vor. Das aktive erste Larvenstadium (Triungulinus) entwickelt sich zu einer beinlosen Larve die Nahrung aufnimmt (cerambycoide Larve). Diese verpuppt sich, was zum späteren Schlüpfen eines diploiden, adulten Weibchens führt, oder entwickelt sich zu einer von drei folgenden reproduktiven pädogenetischen Formen: (1) ein thelytokes Weibchen, das lebendgebärend Triungulinus-Larven hervorbringt; (2) ein arrhenotokes Weibchen das ein einziges Ei produziert, das sich zu einer kurzbeinigen Larve entwickelt (curculionoide Larve), die ihrerseits das Erzeugertier verzehrt und sich zu einem haploiden adulten Männchen entwickelt; oder (3) ein amphitokes Weibchen, das beide reproduktiven Wege beschreiten kann. Wir vermuten, dass Micromalthus von mütterlicherseits übertragenen Bakterien abhängt, um verrottendes Holz verdauen zu können, und dass diese Bakterien in Männchen degeneriert sind. Dadurch wird im männlichen Geschlecht Kannibalismus obligatorisch. Obligatorischer Kannibalismus bei den Männchen würde wiederum die Kosten der Produktion von Männchen drastisch erhöhen. Daraus ergibt sich ein starker selektiver Vorteil für die zyklische Thelytokie und für andere Besonderheiten des Lebenszyklus von Micromalthus, die die Rolle des Männchens minimieren.

Ein paar Bilder dazu sind hier zu finden (neben vielen tollen Ameisenbildern!):
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Viel Spaß!
Earlant

PS:
Die ursprüngliche Heimat des Käfers ist wahrscheinlich der Osten der USA. Die ersten Exemplare wurden 1878 von LeConte aus Detroit beschrieben, wo sie in verrottetem Holz gefunden wurden. Vermutlich durch Verschleppung durch den Menschen wurde das Tier jedoch seit 1938 auch in Südafrika, in Hong Kong, auf Kuba, in Brasilien, auf Hawaii und in British Columbia gefunden. Meldungen aus New Mexico und Florida folgten 1991. Im gleichen Jahr wurde mit dem Fundpunkt Gibraltar auch schon Europa erreicht.

(Aus Wikipedia). - Für mich am erstaunlichsten, dass sogar ein solcher Organismus "erfolgreich" in andere Länder, ja auf fremde Kontinente verschleppt werden kann!
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