Haltungsbericht über Camponotus sp.

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Haltungsbericht über Camponotus sp.

Beitragvon Tommi » 10. Apr 2007 14:30

Hallo,

hiermit möchte ich auch einen Haltungsbericht, wenn gleich einen etwas verspäteten Haltungsbericht, beginnen.

Zunächst eine kurze Einleitung:

Es begann im Arpil 2006 als ich meinen Tauchurlaub auf den Malediven antrat. Sicherheitshalber packte ich auch einige Reagenzgläser ein, auch wenn ich der Überzeugung war, dass es auf einer Insel, welche in 15 Minuten zu Fuß umrundet werden kann, keine Ameisen gibt.
Bereits im Vorfeld ( sechs Monate vor Beginn der Reise ) bemühte ich mich um eine Ausfuhrgenehmigung bei der zuständigen Behörde auf den Malediven, falls es doch Ameisen geben sollte
Meine Bemühungen verliefen, trotz Kontakt mit dem zuständigen dt. Konsulat und den Behörden, jedoch im Sand.....
Anscheinend dachte die zuständige Behörde man wolle sie veralbern, denn ich bekam NIE eine Antwort, vom Ministerium für Wasser, Landwirtschaft und Fischerei, auf meine Emails.


Am 10.04.2006 landete ich also in Male auf dem internationalen Flughafen und konnte nach einiger Zeit ( 2-3 Stunden: Passkontrolle, Gepäckkontrolle usw ) mit dem Speedboot meine Reise ins Südmale-Atoll fortsetzen.
Bereits in Male entdeckte ich die erste Ameisenart: Es handelte sich um die allseits beliebte Pharaoameise.

Auf "meiner" Insel angekommen war es zunächst Zeit einzuchecken und mich bei der Tauchbasis anzumelden. Bei der Anmeldung und dem Aufhängen meiner Ausrüstung sah ich, im Ausüstungsraum, die erste Königin. Sie brach sich gerade die Flügel ab und wurde, kurzerhand, eingefangen.
Später am Tag umrundete ich die Insel noch beim Schnorcheln und konnte ein atemberaubende Unterwasserwelt vorfinden. Beinahe alles was das Taucherherz begehrt war bereits am Hausriff zu sehen und konnte so, auch ohne Pressluft, Blei usw., beobachtet werden.

Vor dem Abendessen konnte ich dann auch schon weitere Ameisen sehen. Es handelte sich um:

- die Pharaoameise
- eine Pheidole sp.
- eine Camponotus sp.
- eine mir unbekannte Gattung welche auf den Bäumen lebte.

Bei genauerer Betrachtung meines Bades, welches sonst sehr sauber war, konnte ich dann einige Arbeiter der Camponotus sp. beobachten wie sie Süßwasser aus der Dusche, dem Waschbecken und der Toilette sammelten. Süßwasser war rar auf dieser Insel; Es wurde aufwendig aus Seewasser gewonnen und war nicht zum menschlichen Verzehr geeignet.

Also wusste ich, dass es auf dieser Insel, wider meiner Erwartung, doch einige Ameisenarten gab.

In den nächsten beiden Tagen konnte ich die Ameisen, während meiner gelegentlich aufenthalte ÜBER Wasser genauer beobachten. Am häufigsten waren Vertreter der Pheidole sp. und der Camponotus sp. zu finden. Die baumbewohnende Art sowie die Pharaoameise waren kaum zu sehen.
Zwischen den Camponotus sp. und den Pheidole sp. kam es regelmäßig zu heftigen Kämpfen um potentielle Nahrungsquellen. Die Pheidole sp., insbesondere deren Majoren, gingen dabei sehr agressiv vor. Die Camponotus sp. war eine relativ vorsichtige Art und geriet schnell in Panik.

Als am dritten Tag, nachmittags gegen 1600, ein plötzlicher tropischer Regenschauer niederging war es vorbei mit dem normalen Tagesgeschäft der Ameisen.
Die Pehidole sp., UND die Camponotus sp, begannen ihre Nesteingänge zu vergrößeren. Dies schien mir zunächst nicht ungewöhnlich zu sein, da der Regen die Eingänge zugespült hatte.
Später jedoch, so gegen 2100 Uhr, war mir jedoch klar weshalb die Ameisen dies taten:
Es folgte ein Schwarmflug, dutzende Geschelchtstiere verließen ihre bisher angestammten Kolonien um sich zu begatten.

Dieses Spektakel widerholte sich nach jedem tropischen Regenschauer Abends, Nachts und in den frühen Morgenstunden.

So gelang es mir während meines Aufenthaltes insgesamt 5 Königinnen der Camponotus sp. zu sammeln. ( Ja, ich gestehe, den Ameisen galt NICHT mein Hauptaugenmerk. ) Die letzte Königin sammelte ich am Abend vor meiner Rückreise. Sie krabbelte mir, wie alle anderen auch, auf dem Weg zu meinem Bungalow, direkt vor meine Füße.


[align=center]So nun zum Haltungsbericht, genug erzählt.[/align]


Name: Camponotus sp.

Heimat: Malediven - vermutlich eingeschleppt vom indischen Festland mit Baumaterial

Aussehen der Königin: Farbe: schwarz; etwa 17 - 18mm, kräftig gebaute Königinen

Aussehen der Arbeiterin: Farbe: schwarz, 7 - 16mm, polymorph;

Nestbau: Erdnester im Sand

Nahrung: zoophag - also Insekten, sowie Zuckerwasser

(Hälterungs)Temperatur: 19 - 32 °C

(Hälterungs)Luftfeuchtigkeit: Feuchttropisches Klima; rel. 50 - 98%


Nach dem Fang erhielt jede Königin ihr eigenes Reagenzglas, da ich nicht wusste ob es sich um eine monogyne oder eine polygyne Art handelte. Auch wusste ich nicht ob die Königinnen claustral oder semiclaustral ihre Kolonie gründeten. Bei mir mussten sie eben claustral, d.h. in einem Reagenzglas mit Wassertank welches mit Watte verschlossen war, ihr Glück versuchen.

Die Reagenzgläser wurden in einem Karton auf meinem Balkon des Bungalows gelagert. Dieser wurde mit einem Zettel mit der Aufschrift:

[align=center]DO NOT TOUCH OR REMOVE![/align]

vor dem Zugriff meines Roomboys gesichert. Neugierig war er trotzdem und hat das eine oder andere Mal beim Reinigen den Karton geöffnet. ;)

Zu meiner Verwunderung begannen die ersten 4 gefangen Königinnen jeweils einige Stunden nach ihrem Fang mit der ersten Eiablage. Es handelte sich um jeweils etwa 5-6 Eier welche akribisch bewacht wurden. Vor meinem Rückflug nach München hatte jede der vier Königinnen etwa 5 - 20 Eier welche, teilweise, schon fast zu Larven entwickelt waren.

Nun stand den 5 Königinnen der stressigste Teil ihrer Reise bevor, gut verpackt und vor den Augen der maledivischen Beamten verborgen, traten sie die weite Reise nach Deutschland an.

Auf dem Weg nach Deutschland sah ich 2 - 3 mal nach "meinen" Schützlingen und wurde dabei skeptisch mit meinen Mitreisenden beobachtet. Ich glaube aus ihren Blicken konnte ich Ekel und Neugierde den Tieren gegenüber ablesen. Da es sich um eine ebenfalls deutsche Familie handelte folgten lange Gespräche über diese Tiere und mein Hobby.

Zuhause angekommen, musste ich feststellen, dass die fünfte Königin, welche keine Eier mehr gelegt hatte, die Reise nicht überlebt hatte. Die restlichen 4 Königinnen wurden auf zwei Becken verteilt.
Je ein Becken enthielt danach 2 verschlossene Reagenzgläser mit je einer Königin und ihrer Brut.

Nun begann eine lange Zeit des Wartens in der nicht viel zu beobachten war. Auch wollte ich die Königinnen nicht all zu sehr stören. Die Königinnen gingen bei etwa 23 - 30°C ihrem Brutgeschäft nach und versuchten ihre Kolonie erfolgreich zu gründen.


4 - 5 Wochen nach der ersten Eiablage:

Die einzelnen Königinnen verfügen über eine Menge Brut. Reichlich Eier und Larven sowie die ersten Kokons waren zu entdecken. Nun konnte es nicht mehr lange dauern und die ersten Arbeiterinnen würden schlüpfen.

6 - 8 Wochen nach der ersten Eiablage:

Die ersten Arbeiterinnen waren geschlüpft und weitere Kokons waren zu entdecken. Auch waren weitere Eipakete und Larven zu entdecken.


[align=center]Schlussfolgerungen:[/align]

Gründungsmethode: claustrale Gründung

Entwicklungsdauer: etwa 6 - 8 Wochen vom Ei zur Erstlingsarbeiterin

Polygyn oder Monogyn: in der Haltung monogyn; weiterhin nicht gänzlich geklärt

Kastenwesen: Arbeiterinnen von Minor-, über Media-, bishin zu Majorarbeiterinnen mit fließendem Übergang.
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Weitere Entwicklung der Kolonien

Beitragvon Tommi » 10. Apr 2007 15:02

Nachdem nun offenbar jede der vier verschiedenen Königinen erfolgreich eine Kolonie gegründet hatte und die ersten Arbeiterinnen Nahrung sammeln konnten ging die entwicklung rasant voran.

Die ersten Arbeiterinnen der unterschiedlcihen Kolonien waren etwa 6 - 7mm groß und erhielten alle 2 Tage für einen Tag Freilauf in ihrem Becken.
Das andere Reagenzglas wurde mit einem Wattestopfen verschlossen und der Eingang zusätzlich mit Sand überhäuft. So konnte es zu keinen Kämpfen zwischen den beiden Kolonien kommen die sich je ein Becken ( 30 x 20 x 20 ) teilen mussten

Damit die Entwicklung der einzelnen Kolonien schnell voran ging und die Königin ausreichend mit Eiweis versorgt wurde stellte ich eine abwechslungsreiche Ernährung sicher. Diese bestand aus:

- Zuckerwasser
- Fruchtfliegen
- Stechmücken
- Stubenfliegen
- halbierten Heimchen / Steppengrillen

Durch die regelmäßige Gabe von Eiweis und Kohlenhydraten kam es zu einem Schub beim Legen der Eier durch die Königin. Ihr Gaster schwoll weiter an und sie legte nun, beinahe am laufend Band, Eier. Einige dieser Eier dienten jedoch als Nahrung für die Larven und die Königin. Offenbar fütterte ich die Tiere zu wenig, also versorgte ich die Tiere mit noch mehr Kohlenhydraten und Eiweis. Dies änderte jedoch nichts daran, dass weiterhin einige Eier verfüttert wurden.

Den Sommer über entwickelte sich die Kolonien weiterhin prächtig. Die Temperatur in meinem Zimmer stieg auf bis zu 32°C und ich began mir sorgen zu machen.
Den Ameisen schien dies jedoch nicht zu stören, im Gegenteil um so wärmer ihr Becken war desto agieler und agressiver waren die Arbeiterinnen. Auch die Brut entwickelte sich bei diesen Temperaturen extrem schnell.

12 - 14 Wochen nach der ersten Eiablag durch die jeweilige Königin waren es etwa 20 - 30 Arbeiterinnen je Kolonie.

Damit war für mich der Zeitpunkt gekommen mir Gedanken über die Zukunft der Kolonien zu machen. Alle 4 Kolonien konnte ich nicht auf längere Zeit versorgen und ihren Ansprüchen gerecht werden. Ebenso kam es zu Platzproblemen bei der Unterbringung.

Letztendlich entschied ich mich 2 der 4 Kolonien zu veräußern. Ich machte mich auf die Suche nach potentiellen Haltern für diese Kolonien. Schnell wurde mir klar, dass ich diese Ameisenart nicht an einen x-beliebigen Käufer/Halter verkaufen möchte.
Die Gründe hierfür waren, dass ich die Tiere in verantwortungsbewussten und erfahrenen Händen sehen wollte. Es war schließlich viel Arbeit nötig gewesen diese Kolonien zu beschaffen / versorgen / pflegen. Auch handelt es sich um eine tropische Art deren Verbleib ich genau abklären wollte.
Nach einigen Verhandlungen kam es auch zu einem Happyend.

Die beiden Kolonien kamen gut bei den beiden neuen Haltern an (auch wenn die Post für die zweite Kolonie beinahe eine Woche für die Zustellung benötigte) und entwicklen sich dort, stand meiner letzten Information, gut.

Für die beiden verbliebenen Kolonien war es nun an der Zeit ihre zukünftigen Behausungen zu beziehen. Das sind zwei Becken mit Deckel und integrierter Belüftung sowie einem großzügig angelegtem Farmbereich ( innerhalb der Becken ) mit 12 bzw. 15kg Sand sowie je einem Erweiterungsbecken ( 30 x 20 x 20 )

Maße der Becken: ( L x B x H )

- 60 x 30 x 35

- 60 x 30 x 45

Seither entwickleten sich beide Kolonien prächtig. Es dürften mittlerweile je Kolonie etwa 1500 bis 2000 Arbeiterinnen vorhanden sein. Unter ihnen befinden sich auch gigantische Majoren von bis zu 16mm Größe und einer geschätzen Kopfbreite von etwa 4mm.

Die Funktion dieser Majoren konnte ich bis heute nicht klären, da diese Tiere kaum den Bau verlassen. Auch beteiligen sie sich nicht bei der Nahrungsbeschaffung und sind weniger agressiv als ihre kleineren Schwestern. Bekanntschaft mit den Mandibeln der Majoren möchte ich jedoch keine machen. :)
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Bild einer Kolonie vom Mai/Juni 2006

Beitragvon Tommi » 11. Apr 2007 09:53

[align=center]Bild[/align]

Dies ist eine der 4 Kolonien. 14 Arbeiter waren im RG und etwa 9 auf Nahrungssuche
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