Hallo Ameisenfreunde,
Ich möchte jetzt mal endlich einen kleinen Beitrag zum Formicarium-Bau leisten, um allen Anfängern und auch erfahrenen Haltern ein paar Anregungen zu geben. Mein Formicarium wurde von mir speziell für eine Kolonie Pheidologeton diversus errichtet, kann aber natürlich auch als allgemeine Vorlage dienen.
Das spezielle an dem Ding, ist die Kombination aus Ytong und Erdnest. Da ich zu den Leuten gehöre, die sich nicht richtig für den Ytong-Stein oder das Erdnest entscheiden können, habe ich einfach beide Nestvarianten kombiniert. Der Clou daran ist, dass vorerst nur der Ytong-Stein zum Einsatz kommt. Die kleinen Tierchen können also vorerst nur diesen Beziehen und ich kann sie somit sehr schön beobachten, ohne dass sie sich beim Antlitz meiner, an der Glasscheibe breitgedrückten Nase sofort vergraben. Den Eingang zum Erdnest werde ich später freigeben, nämlich dann, wenn die Kolonie zu groß für den Stein geworden ist. Vielleicht aber auch schon früher, wenn ich merke, dass gerade die in der Anfangsphase schwer zu haltenden Pheidologeton diversus aus dem „Gröbsten“ raus sind.
Als erstes möchte ich euch mit meiner Materialliste bekannt machen:
Grundzubehör:
1 Terrarium/Aquarium 50x30x30
3 Hobbyglas Platten 50x50x50
2 Ytong Steine 60x20x7,5
Befüllung:
2 Kg Quarzsand
2 Kg Sand-Lehm Gemisch
Seramis/Tongranulat
Weiteres Zubehör:
2 Meter Schlauch glasklar 12mm
Dekorationsartikel (Pflanzen, Steine, Holz etc.)
2x Lehm Pulver aus dem Antstore
1/2 Quadratmeter Nylon oder ähnliches Material, welches wasserdurchlässig ist und nicht schimmelt
1x 50 Watt Infrarot Strahler
Zeitschaltuhr
Werkzeug:
Kleine Heißklebepistole und Stifte
Bohrmaschine und verschiedene Bohraufsätze bzw. Fräser (für Stein)
Fuchsschwanz
Hammer und Stechbeitel
Zollstock und Bleistift
Feines Schmirgelpapier
Pinsel
1 Tube Silikon transparent + Pistole
Der Bau:
Als ich dann endlich meine ganzen Utensilien zusammengesucht hatte und dafür ca. 100 Euro ausgegeben habe, konnte es langsam losgehen. Als erstes zerbrach ich mir ca. 2 Nächte den Kopf, wie ich wohl die Gänge im Ytong anordne. Ach ja, ganz vergessen, davor hab ich ungefähr 3 Nächte nicht schlafen können, um überhaupt erstmal auf die Idee dieser Nestvariante zu kommen. Dabei habe ich oftmals meine Meinung geändert, was die Befeuchtung, Befüllung, Nestvariante etc. angeht. Wenn ich daran denke bekomme ich jetzt schon wieder Augenränder…Und aus diesem Grund möchte ich nicht einfach schreiben für was ich mich entschieden habe und was ich da so alles gemacht habe, sondern auch warum. Damit möchte ich euch eventuell spätere Entscheidungen erleichtern (bzw. die Augenränder) und die Vor- und Nachteile der ein oder anderen Sache nahe legen. Es gibt bestimmt auch Halter, die bei der einen oder anderen Variante ganz anderer Auffassung sind. Das ist aber nun mal so, und jeder sollte aus seinen eigenen Erfahrungen, die für ihn beste Lösung finden.
Bevor man loslegt, sollte man sein Aquarium mit Wasser füllen und nachschauen ob es wirklich dicht ist. Da der Ytongstein später zu ca. 1-2 cm im Wasser steht, sollte dieses auch da bleiben wo es hin soll und nicht etwa auf den guten Teppich von Mutti etc.
Dann habe ich mich dem attraktivsten Teil gewidmet – der Gestaltung des Ytongs! Als erstes sollte man sich grob mit Bleistift die Gänge/Kammern skizzieren. Wichtig dabei ist, auf die richtige Größe dieser zu achten, je nach dem, welche Art darin später einziehen soll. Und damit sich später meine Pheidologeton diversus Königin nicht den Kopf stößt, habe ich die Gänge in einem Durchmesser von 10 mm ausgefräst. Die Kammern sollten bei dieser Art nicht zu klein sein. Wobei darauf zu achten ist, das diese in unterschiedliche Ebenen eingeteilt werden. Der Ytongstein nimmt von unten die Feuchtigkeit auf. Diese nimmt nach obenhin ab. Somit sind die unteren Kammern feuchter und die Oberen trockener. Physikalisch will und kann ich das euch jetzt nicht erklären, ihr habt bestimmt nen guten Lehrer…Wasser wandert nun mal nach oben. Ich habe ziemlich große Kammer angelegt. Diese haben eine tiefe von ca. 5 cm. Ihr müsst aufpassen, dass ihr nicht durch den Stein durchfräst. Als dann alle Gänge/Kammern fertig waren, habe ich diese zusätzlich mit einem feinen Schmirgelpapier bearbeitet und später mit einem feuchten Tuch die Staubreste entfernt.
Weiterhin habe ich jeweils in die Ecken des Steines große durchgehende Bohrungen 13mm gemacht. Dadurch kommen später die Schläuche mit denen ich dann den Ytong bzw. das gesamte untere Nest optimal befeuchten kann. Achtung: Unter den Ytong habe ich eine Art Tunnel/Steg gesägt. Ich möchte dass dieser Hohlraum auch von dem Seramis eingenommen wird. Der Stein sollte nicht direkt das Wasser einsaugen. Ich habe mir überlegt, dass es vorteilhafter ist, wenn das Seramis/Tongranulat das Wasser aufsaugt und dann langsam an den Stein abgibt. Eine Überschwemmung des Steines und somit ein zu nasser unterer Kammerbereich ist somit ausgeschlossen. Schaut euch einfach mal die Bilder ganz unten an.
Kann man machen oder nicht:
Normalerweise könnte man jetzt anfangen die Kammern mit einen Lehm/Wasser Gemisch auszustreichen. Doch dazu gleich…
Ich habe vorher den kompletten Ytong in das Aquarium gestellt und den Rest mit Seramis (ca. 1 cm hohe Schicht) befüllt. Jetzt habe ich 2 Tage die Befeuchtung an Hand meiner Trenageschläuche getestet. Am Anfang mussten ca. 1,5 Liter Wasser anteilig durch die Schläuche fließen, um eine Grundfeuchtigkeit zu erlangen (Ytong und Seramis sind anfänglich sehr durstig).
Die Feuchtigkeit hat die untersten Kammern eingenommen. Diese waren jedoch auch nur feucht und nicht überschwemmt, das dürfen sie ja auch nicht! Am nächsten Tag habe ich dann in jeden Schlauch etwas Wasser nachgekippt und schon hatte ich die gewünschte Feuchtigkeit wieder.
Fazit: Meine Befeuchtung ist Top! Schei… das klingt arrogant…sie funktioniert, ist glaube besser. Ist eine Gewisse Grundfeuchtigkeit vorhanden, so muss nur ca. alle 1-2 Tage ein kleines bisschen Wasser nachgekippt werden.
Kommen wir jetzt zu der natürlichen Gestaltung des Ytongs: Wie oben erwähnt, möchte ich den Stein mit einer Lehmschicht anstreichen. Dazu nimmt man Lehmpulver und mischt es mit Wasser in einem Verhältnis von ca. 1:1. Natürlich ist das Mischverhältnis jedem selber überlassen. Ich persönlich, finde es schöner, wenn eine dicke Lehmmasse entsteht. Damit verleiht ihr dem Nestbereich eine gewisse Natürlichkeit. Sollte das Gemisch zu dünn sein, dann wird der Ytong nicht richtig abgedeckt, außerdem kann bei Bewässerung des Steines von unten (wie bei mir) eine dünne Lehmschicht schnell vom Wasser ausgeschwemmt werden und der Ytong kehrt zu seinem alten grauen Zustand zurück. Die Masse sollte also etwa so zähflüssig wie Yoghurt sein. Und wer dann noch Lust hat, kann auch ein paar Dekor-Pflanzen mit Hilfe von Heißkleber einsetzen, hab ich jedenfalls so gemacht.
Ich habe dann die einzelnen Ytong Steine mit dem Lehmanstrich über einen Tag trocknen lassen. Die Lehmschicht ist nicht gerissen. Perfekt! Sollte eure Lehmschicht jedoch Schollenartig brechen oder reißen, dann einfach noch mal mit einem feuchten Pinsel darüber streichen.
Als nächstes habe ich das Hobbyglas für die Abdeckung der einzelnen Nestbereiche ausgemessen und zurecht geschnitten. Zum verkleben auf den Ytong sollte meines Erachtens transparentes Acryl verwendet werden. Silikon wäre auch eine Möglichkeit. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, das Acryl besser hält. Weiterhin sollte man kurz bevor die Platte dann auf den Stein angebracht werden soll, einen kleinen Klecks Heiskleber in jede Ecke anbringen. Dieser zieht die Platte beim antrocknen noch mal richtig an den Stein und hat eine extrem hohe Anzugskraft. Für alle die sich jetzt fragen, warum nicht gleich komplett mit Heiskleber arbeiten, sei gesagt, dass dieser zu schnell trocknet. Fängt man in einer Ecke an, diesen aufzutragen, ist er in den nächsten 10 Sekunden bereits getrocknet und man kann die Platte jetzt nicht mehr mit dem Stein verbinden. Noch ein kleiner Tipp: Beim auftragen des Acryls bzw. Silikons, sollte man sich Zeit nehmen. Es sollte nicht zu dick aufgetragen werden, da sich das Zeug ansonsten beim Andrücken der Platte auf den Stein in die Kammern rein quillt. Ich habe das Acryl lieber ein bisschen dünner und ca. 5 mm entfernt von den jeweiligen Kammern aufgetragen. Ein bissl davon ist auch bei mir an einigen Stellen übergequillt, aber kaum Sichtbar, da es ja eh transparent ist. Die einzelnen Teile sollten jetzt wieder unter Auflage eines kleinen Gewichts ca. einen Tag antrocknen. Ich habe dann noch zusätzlich alle Verbindungsnähte zwischen Ytong und Hobbyglasplatte mit Heiskleber verklebt. Jetzt ist das Nest wirklich abgedichtet und keine, noch so kleine Ameise kann entweichen…HiHi.
Als nächstes habe ich die einzelnen Elemente in das Becken gesetzt, ausgerichtet und mit Heiskleber fixiert. Der Ytong Nestbereich ist also fertig. Ach ja, die einzelnen Steine sind mit Bohrungen mit einander verbunden und können somit von den B-Meisen genutzt werden.
Jetzt wird eine ca. 1cm dicke Schicht Tongranulat auf dem Boden des Beckens verteilt. Das hatten wir ja schon einmal bei dem Test (siehe ganz weit oben) gemacht. Es ist wichtig, dass das Granulat auch unter die Ytong-Steine gelangt und somit alle Hohlräume ausfüllt.
Sollte das Nest später befeuchtet werden, so saugt vorerst das Granulat die Nässe auf und gibt es langsam an den Stein ab. Achtung: Tongranulat sollte vorher eine halbe Stunde bei 250 Grad abgeröstet werden…Milben, kleine Tiere etc. können somit eurer neuen Kolonie nichts mehr anhaben. Exotische Ameisenarten sind eben nicht mit deutschen Krankheitserregern und Milben vertraut. Sie sind somit sehr anfällig gegen diese und können schnell daran versterben.
Kommen wir nun zu der Erdnestvariante. Wie ihr auf den Bilder seht, ist jetzt in der Mitte vom Becken ein quadratischer Hohlraum. In diesen soll jetzt das Erdnest kommen. Da auch später der Sand von unten durch das Granulat Feuchtigkeit aufnimmt und dieser bei Nässe dazu neigt, sich in allen Ritzen zu verteilen, hatte ich folgende Idee:
Ich wollte den Sand eben da, wo er auch hin gehört. Somit dachte ich an eine Art Basin, welches wasserdurchlässig ist und den Sand in der Quadrat-Form hält. Problem war jetzt einen Stoff zu finden, der bei Nässe nicht schimmelt und wasserdurchlässig ist. Nach kurzer Absprache mit einer Schneiderin, kamen wir dann zu einem Nylonstoff aus DDR-Beständen. Diesen hab ich dann zu einem Quadtrat mit Boden zusammennähen lassen. Fazit als ich daheim war: „das Teil passt und 8 Euro sind ok“.
Ich habe den Stoff dann mit Reiszwecken fixiert und später mit Heiskleber an den Wänden befestigt…fertig. Jetzt kann ich das Ding befüllen, dachte ich mir. Aber halt, da war noch was: Richtig, das ganze Spiel mit dem Backofen von oben erneut – Sand komplett abrösten…Ätzend!
Übrigens, ich hatte einfachen Bausand. Nach dem abrösten habe ich ausreichend Lehm dazu gemischt. Wie viel Sand-Lehm jetzt den Hohlraum füllen, kann ich nicht sagen, aber wer will, kann es sich ja ausrechnen: Maße vom Hohlraum = 34x22x16.
Abschließend kommt auf den Ytong und das Erdnest eine komplette Abdeckung aus Hobbyglas. Diese teilt das Becken in 2 Etagen ein. Die untere als Nestbereich und die obere als Arena. In die Platte habe ich Löcher gebohrt, die den Eingang zum Erdnest, Ytong und zur Belüftung des unteren Nestbereiches dienen. Das ganze Ding mit Silikon festgeklebt und die Ränder mit Heißkleber abgedichtet.
Nun kommt eigentlich der schönere Teil: Gestaltung der Arena. Hier sollte jeder selbst seinen Künstler raushängen lassen. Trotzdem noch mal für alle, ich habs so gemacht:
Als Arenaboden habe ich Quarzsand genommen. Wer jetzt mitgedacht hat, wird’s bemerken:
Genau, natürlich rösten!
In eine Ecke habe ich großzügig Tongranulat verteilt. Dieses kann ich mit einer Sprühflasche befeuchten und somit die Luftfeuchte im Arenabereich regeln. Damit kein Quarzsand oder Granulat in die Eingänge oder Lüftungslöcher fallen, habe ich entweder kleine Schlauchstücke auf diese geklebt und den Sand bis kurz vor Schlauchende aufgefüllt oder z.B. am Haupteingang habe ich mit Heiskleber eine Pfalz rundum gelegt und kleine Tongranulat Stücke angeklebt. Das festgeklebte Granulat kann jetzt nicht mehr in den Eingang fallen und hält gleichzeitig loses Granulat und Sand davon ab, den Eingang zu besichtigen.
Noch ein Stück trockenes Wurzelholz, ein-zwei Dekopflanzen etc. in die Arena und Schwupps, man ist fertig mit dem Teil und hat wahrscheinlich einen Hass auf Ytong und Heiskleber.
Als Hintergrundbild habe ich dann noch ein Bild vom Ayers-rock (Australien) gewählt. Nun ja, wird wohl ein Traum auf dem Foto bleiben…
Ach ja, die Abdeckung ist auch aus Hobbyglas und passgenau zurecht geschnitten. Als Lüftungslöcher habe ich kleine Siebe (Düsen aus Wasserhähnen) eingearbeitet.
Wer jetzt denkt, dass ich gleich freudestrahlend meine Pheidologeton diversus in ihr neues Zuhause gelassen habe, liegt falsch.
Ich hab die nämlich noch nicht… Leider…
Der Grund ist aber eigentlich ein anderer. Jetzt kommt das eigentliche das A und O!
Bevor Leben in eurem selbstgebauten Nest einziehen kann, muss natürlich bei den meisten erotischen ääähh exotischen Ameisenarten perfekte Verhältnisse bestehen. Damit meine ich die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Also ich teste mein Becken jetzt seit 2 Tagen und habe immer noch kein perfektes Ergebnis.
Deshalb ganz wichtig: Vorher ausgiebig testen bis die gewünschten Verhältnisse erreicht sind! Auf die Temperatur und Luftfeuchtigkeit möchte ich im Einzelnen jetzt nicht eingehen, da diese artenabhängig sind. Ist dennoch jemand auch an Pheidologeton diversus interessiert, verweise ich auf den Beitrag von Darkness „Mögliche Hilfestellung zu Pheidologeton diversus“.
Irgendwie bin ich froh, dass ich es jetzt geschafft habe, euch an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Weiter als hier wäre ich eh nicht gekommen…ich glaub ich bekomme eine Sehnenscheidenentzündung oder wie sich das schimpft.
Wer jetzt noch Fragen hat (Bitte nicht ), der kann hier posten. Außerdem würde ich mich sehr über euer Feedback freuen.
Wenn dann meine Kolonie eingetroffen ist, werde ich mit einem Haltungsbericht beginnen.
In dem Sinne…Servus
Mfg Kevin